"Ein guter Wirt erspart drei Psychiater": Ein hemdsärmeliger Sager von Christoph Leitl sorgte für Lacher, dann für hohe Wellen im Glas und am Ende für vernebelte Stimmung auf beiden Seiten. Der Wirtschaftskammer-Präsident lobte bei seiner Aschermittwochs-Rede vor Vertretern der (Gast)wirtschaft die therapeutische Wirkung des Wirt'n ums Eck. Dort, wo Spirituosen dazugehören wie die (noch) allgegenwärtigen Rauchschwaden, werde einem auf durch und durch menschliche Weise geholfen, lautete die Botschaft.

Kranke Seelen

Dass nun in Österreich die Experten Sturm laufen und sich gegen die derart gepriesenen, angeblich heilsamen Effekte von Alkohol und Nikotin verwehren, ist nachvollziehbar. In einem Land, in dem trotz vieler kranker Seelen der Besuch von Psychiatern und Psychotherapeuten noch immer ein Tabu ist. Selbstbehandlung ist hier nicht indiziert, die Schank ist keine Ort für Ordination. Promille verstärken die Probleme am Ende um einige Prozentpunkte, denn, so die Stellungnahme der Ärzte und Therapeuten: "Österreich ist ein Staat mit einer im europäischen Vergleich beschämend geringen Anzahl von Psychiatern, mit der Tendenz zum internationalen Schlusslicht zu werden. Beim Alkoholverbrauch - und zwar in allen Altersgruppen - und entsprechend auch bei der Rate der Alkoholkranken zählt Österreich hingegen zu den Spitzenreitern Europas." Hochprozentige Fakten.

Wer nicht trinkt, der steckt sich vielleicht Zigaretten in Serie an - und das hilft dann wohl auch nur begrenzt weiter bei persönlichen Problemen, denn: 35 Prozent der Österreicher rauchen, qualmen und pofeln, jährlich gehen mindestens 14.000 Todesopfern auf das Konto dieser Sucht. Die heimischen Jugendlichen sind überhaupt Europameister beim Rauchen, so aktuelle Daten. In diesem Land werden die Begriffe "Rauchen" und "Kultur" noch immer leidenschaftlich zusammengebracht. Leitl tischte eine semipsychologische Rechtfertigung einer auch passiv bedrohenden Angelegenheit auf. Diese lässt das angeblich nahende Rauchverbot in Lokalen einmal mehr in der Ferne verschwinden.

Auf der anderen Seite sind da einige, die die Reaktionen der polternden "Seelenklempner" völlig überzogen finden. Es gehe Leitl bei seiner Aussage doch nur um das Gesellige, das Verbindende, und wenn sich das eben mit Zigaretten, Bier und Schnaps verbinde, sei das innerlich reinigend und äußerlich kommunikativ. Quasi die immer offene Sprechstunde, in der Barkeeper und Kellner für einen und die dazu passende Bestellung da seien.

Greift diese Therapie beim Kater am nächsten Morgen auch noch?