Jener Wiener Polizist, der heuer im Frühjahr am Gürtel bei einer Einsatzfahrt das Rotlicht missachtet und so einen Crash verursacht haben soll, wird zur Kasse gebeten. Die Landespolizeidirektion erklärte zwar nur, dass "im Jahr 2024 eine Disziplinarstrafe im dreistelligen Bereich" in diesem Zusammenhang gegen ein Mitglied der Exekutive verhängt worden sei. Laut APA-Infos dürfte es sich dabei jedoch um den betreffenden Beamten handeln.
Der Fall hatte innerhalb der Polizei durchaus für Diskussionen gesorgt, weil eine Zahlung von bis zu 1.000 Euro im Raum gestanden war. Dieses Höchstausmaß legte die Landespolizeidirektion heuer im Fall von Unfällen bei Einsatzfahrten fest.
Neue Grundlage für Einsatzfahrten nach OGH-Urteil
Der "Kurier" hatte im Juli über ein Urteil des Obersten Gerichtshofs (OGH) im Zusammenhang mit dem Unfall eines Blaulichtfahrzeuges berichtet. Dem Urteil aus dem Vorjahr zufolge dürfe überhaupt nicht in eine Kreuzung eingefahren werden, wenn von der Haltelinie aus nicht die gesamte Verkehrslage überblickt werden könne.
"Dass Regressforderungen bei Unfällen gestellt werden, ist nicht neu, jedoch dass nun auch höhere Strafen verhängt werden, wenn das Verschulden nicht den Kolleginnen und Kollegen zuzurechnen ist", betont Werner Herbert, freiheitlicher Polizeigewerkschafter bei der AUF. "Einsatzfahrten werden damit quasi ad absurdum geführt."
Personalvertreter fordert Schulungen
Der Vorsitzende des Fachausschusses der Wiener Personalvertretung, Gerhard Zauner, erklärte gegenüber der APA, dass jeder Fall individuell geprüft werde. "Darauf haben wir uns mit der Landespolizeidirektion Wien geeinigt", so Zauner von der Fraktion Christlicher Gewerkschafter (FCG) in Wien. In die gleiche Kerbe schlägt auch Walter Strallhofer von der Fraktion Sozialdemokratischer Gewerkschafter (FSG). "Die Berücksichtigung des Einsatzgrundes und ob wirklich grob fahrlässiges Verhalten besteht, wäre beim Strafausmaß unbedingt zu berücksichtigen", sagt Strallhofer. Er fordert zudem Schulungen zur weiteren "Sensibilisierung bei diesem Thema".
Im Jahr 2024 kam es laut Polizei zu rund 700 Verkehrsunfällen (Sachschaden und Personenschaden) mit Dienstfahrzeugen. "Die genannte Zahl betrifft alle Dienstfahrzeuge der Wiener Polizei, zivile Fahrzeuge, aber auch Streifenkraftwägen", sagte eine Sprecherin zur APA. Ebenso werde hier nicht unterteilt, ob es sich um Einsatz- oder anderweitige dienstliche Fahrten handle, hieß es. "Eine tatsächliche Verschuldensfrage wird in den jeweiligen Gerichts- bzw. zivilrechtlichen Schadensabwicklungsverfahren festgestellt." Kommt es zu einem Verkehrsunfall im Dienst, stehen jedem Beamten und jeder Beamtin Rechtsmittel gegen die Entscheidung der Dienstbehörde zu. Das dürfte in diesem Fall nicht passiert sein, der betroffene Beamte soll die Strafe bereits bezahlt haben.
ÖAMTC-Jurist kritisiert Rechtslage
Verkehrsjurist Matthias Nagler vom ÖAMTC sprach sich in diesem Zusammenhang für eine Abänderung der Straßenverkehrsordnung aus, "so dass in Kreuzungen bei rotem Licht stets mit Schrittgeschwindigkeit eingefahren werden darf und nötigenfalls anzuhalten ist, wenn es die Verkehrslage erfordert". Dabei könnte der Gesetzgeber auch eine (derzeit nicht bestehende) Verpflichtung zur Betätigung des Folgetonhorns einführen. "Dies wäre der Verkehrssicherheit wesentlich dienlicher als die bestehende Regelung, da andere Verkehrsteilnehmer umso besser reagieren, je früher sie das Einsatzfahrzeug etwa durch akustische Warnzeichen wahrnehmen können", sagte Nagler gegenüber der APA. "Einsatzkräfte sollen Menschen in Notsituationen rasch helfen können und nicht durch eine praxisferne Gesetzgebung und Rechtsprechung bei jeder Einsatzfahrt mit einem Bein im Kriminal stehen", kritisierte er.