Animationsfilme kennt man hauptsächlich aus Asien oder Amerika. In Österreich schaut das Angebot eher mau aus. Die 27-jährige Shelly Gertan will das ändern. Die Wienerin arbeitet aktuell an ihrer eigenen Animationsfilmreihe „Reyn“ und hat für ihre Projekte schon internationale Preise gewonnen. So schön das klingt, so schwer war auch der Weg dorthin.
Begeisterung für Animationsfilme von Kindheit an
Gertan hat schon als Kind Animationsfilme geschaut. Die Liebe zur Animation ist bis heute geblieben. „Man kann sich in Animationsfiguren besser hineinversetzen. Bei Realfilmen sieht man zum Beispiel Johnny Depp in einem Kostüm. Bei Animationsfilmen denkt man sich vielleicht ‚Hey, das könnte ich auch sein‘“, beschreibt Gertan, was an animierten Filmen so besonders ist. Das ist auch ein Grund, warum Gertan selbst damit angefangen hat. „Ich habe als Kind immer meine Probleme in eine Fantasywelt gesteckt und geschaut, wie die Figuren damit umgehen“, erzählt sie. Davon konnte sie dann fürs echte Leben lernen.
Mit zehn Jahren hat sie angefangen, ihr eigenes Buch zu schreiben. Eigentlich nur für sich selbst, bis sie dann realisiert hat, dass die Geschichte eventuell anderen auch helfen kann. Anfangs wusste sie noch nicht, dass Animation auch ein Beruf sein kann, nicht nur ein Hobby. Plötzlich kam es dann Schlag auf Schlag. Auf gut Glück bewarb sich die 27-Jährige an einer Universität in Amerika - bei der sie auch genommen wurde. Finanziert hat sie sich durch einen Wettbewerb von 20th Century Fox. „Ich habe mir gesagt, wenn ich den ersten Platz gewinne, dann schmeiße ich alles hin und tue alles, was ich kann, um nach Amerika zu ziehen und Animation zu studieren“, erzählt Gertan.
Viele kleine Schritte
Das war der Startpunkt für viele Projekte, die Gertan bereits umgesetzt hat. Ein Highlight für die 27-Jährige: Die Zusammenarbeit mit der Musikerin Beth Crowley. Eine ihrer Lieblingsmusikerinnen, seit sie 17 Jahre alt ist. Gertan hat die Musikerin per Mail einfach angeschrieben und gefragt „Hey darf ich ein Musikvideo animieren für dich?“ Die Antwort war „Ja“. Das Ergebnis, ein Erfolg. 1,5 Millionen Aufrufe hat das Video aktuell auf YouTube und zog eine Nominierung bei den Vienna International Film Awards 2023 mit sich.
Für ihr eigenes Projekt „Reyn“ hat Gertan letztes Jahr eine Förderung vom Österreichischen Filminstitut bekommen, welche das Drehbuch finanziert. Ein erster Schritt, ihren Traum umzusetzen. Um den Traum zu erfüllen, braucht es aber noch viel mehr. Da es in Österreich keine Animationsstudios gibt, die sich auf Filme für Jugendliche spezialisiert haben, hat Gertan kurzerhand ihr eigenes gegründet. Langfristig will sie eine Animations-Industrie im Land aufbauen. „Ich hätte gerne eine Animationsfamilie“, sagt sie.
Eine Geschichte für Teenager
„In Reyn geht es um ein elfjähriges Mädchen, das um ihren Platz in der Welt kämpfen muss“, beschreibt die Wienerin die Handlung ihrer Geschichte, die es auf Webtoom bereits zu lesen gibt. Reyn kommt aus einer speziellen Familie, die eine Art Engel hervorgebracht hat. Stirbt der aktuelle Engel, wird diese Kraft an ein Mitglied der Familie weitergegeben. Weil die Menschen Angst vor dem Engel haben, wollen sie alle Mitglieder aus der Familie töten. Als Reyn die Kräfte bekommt, tut sie sich schwer, etwas Gutes darin zu sehen. „Das ist eine Metapher dafür, dass wir Dinge haben, die eigentlich wunderschön sind, aber man selber es nicht im Spiegel sehen kann“, erklärt Gertan. „Als Kind denkt man oft ‚Ich bin das Problem‘“.
Bis der Film in die Kinos kommt, ist es noch ein langer Weg für Gertan. Mit der Finanzierung des Drehbuchs und der Gründung ihres Studios ist sie dem Ziel schon näher gekommen. Jetzt kam eine weitere gute Neuigkeit für die 27-Jährige herein. Mit Lukas Zweng von „DOR FILM“ hat sie nun einen Senior Partner gefunden, der mit ihr gemeinsam den Film co-produzieren wird.