Es gehört zu den ganz großen Versäumnissen sämtlicher Bundesregierungen der Zweiten Republik, dass die Leberkässemmel noch immer nicht zum kulinarischen Welterbe zählt. Im Gegensatz übrigens zum belgischen Bier, den mexikanischen Tacos, der neapolitanischen Pizza und der gesamten (!) französischen Küche. Kein Gericht - außer vielleicht ein Wienerschnitzel in Form einer österreichischen Landkarte - symbolisiert die Alpenrepublik besser. Eine Leberkässemmel ist eine Österreichfahne mit vertauschten Farben: weiß-rot-weiß.

Umso bedenklicher stimmt die von der Supermarktkette Billa schon seit einigen Jahren immer im Herbst durchgeführte Umfärbung des Kerns unseres kulinarischen Nationalheiligtums. Schwarzer Leberkäs wird, gefüllt mit gelbem Cheddar-Käse, als Halloween-Leberkäs über die Feinkosttheke gereicht. Die Semmel kostet 1,99 Euro, laut Werbung solange der Vorrat reicht, längstens aber bis 6. November. Dann werden wohl schon Nikolaus und Krampus eingeräumt.

Mahlzeit?!
Mahlzeit?! © G. Lux

Wie schmeckt so eine Semmel? Grauenhaft? Da könnte man als Billa (arbeitet der unsympathische Hausverstand da eigentlich noch?) immer mit dem Anlass argumentieren: Dieses importierte Halloween ist ja nicht nur schrecklich, sondern will es in der Tat auch sein. Optisch trifft das auf diese Semmel jedenfalls zu. Ihr Innenleben erinnert an einen in Scheiben geschnittenen Feuersalamander.

Geschmacklich geht sie – natürlich ganz subjektiv – aber als interessante „Abwechslung“ durch. Das Fleisch unterscheidet sich bis auf die schwarze Farbe kaum vom Original. Der Cheddar passt ganz gut dazu, wirkt aber flüssiger als der sonst für Leberkäse verwendete. In Kombination mit den offenbar größeren Käselöchern kann das, wenn man mit der Semmel unachtsam hantiert, zu unangenehmen Cheddar-Flecken auf der Kleidung führen. Das ist dann wirklich schrecklich.

Superkleber

Positiv anzumerken ist, dass Halloween in diesem Fall zum verbindenden Element wird. Im erkalteten Zustand klebt alles so gut zusammen, dass man das Gesamtkunstwerk locker am oberen Semmelteil durch die Gegend tragen kann. Nicht nur für dieses Vorhaben, sondern auch fürs Probieren gilt also: Es ist einen Versuch wert. Und die nächste Bundesregierung sollte das mit dem kulinarischen Welterbe ins Auge fassen. Fürs Original.

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