Der Prozess gegen vier Krankenpfleger, die eine Arbeitskollegin Ende Februar 2023 im Landeskrankenhaus Hall in Tirol auf einem Operationstisch fixiert und dort rund 15 Minuten festgehalten haben sollen, ist am Donnerstag am Landesgericht Innsbruck fortgesetzt worden. Die Angeklagten mussten sich unter anderem wegen Freiheitsentziehung, schwerer Nötigung und schwerer Körperverletzung verantworten.

Pfleger fixierten Frau

Bei der ersten Verhandlung Anfang Juni hatten sie auf "nicht schuldig" plädiert. Damals gaben die Anwälte der vier Beschuldigten an, dass im Vorfeld besprochen worden sei, eine "komplexe Operation üben zu müssen". Von einem "bewussten, geplanten Zusammenwirken" oder gar einer strafrechtlich relevanten Tat könne damit auch gar keine Rede sein. Die Frau habe jedenfalls gewusst, "dass diese Operation geübt werden muss", führte damals auch der Erstangeklagte in seiner Einvernahme aus. Es habe zudem eine "heitere, ausgelassene Stimmung geherrscht", die erst dann gekippt sei, als Fotos von dem mutmaßlichen Opfer in einer knienden Position angefertigt worden seien. Ein Angeklagter räumte ein, dass die Situation entglitten sei und die Aktion "überschießend" gewesen sein könnte.

Pfleger ignorierten Bitten des Opfers

Die Staatsanwältin betonte hingegen, dass die Frau mehrmals gesagt habe, dass man sie losbinden solle. Die psychiatrische Sachverständige Gabriele Wörgötter attestierte ihr darüber hinaus eine "Anpassungsstörung" und hielt fest: "Fakt ist, dass die Frau vorher gesund genug war, um ihren Alltag und Beruf problemlos zu bewältigen". Nun sei sie "vorerst arbeitsunfähig", habe Angst und leide unter einer depressiven Störung.

Opfer und Pfleger „kollegiales Verhältnis“

Dass, wie bereits im Juni thematisiert, zuvor aber ein kollegiales und zum Teil sehr lockeres Verhältnis zwischen den vier Angeklagten und dem mutmaßlichen Opfer vorherrschte, kam auch am nunmehrigen zweiten Verhandlungstag wieder zur Sprache. "Sie haben sehr oft miteinander Späße gemacht", erklärte eine als Zeugin einvernommene Reinigungskraft, die das Geschehen im Operationssaal zuerst durch ein Fenster beobachtet hatte. Sie und ihr Nichterscheinen war übrigens ausschlaggebend dafür, dass der an sich für September angesetzte zweite Verhandlungstag auf Oktober verschoben wurde.

"Ich hörte zuerst von allen Beteiligten lautes Lachen", sagte die Zeugin zu Richter Paul Menardi. Im Operationssaal, in dem sich später schließlich befand, habe sich die Stimmung dann aber geändert: "Sie hat nicht mehr gelacht und wollte schließlich den Hüftgurt lösen." Begleitet worden seien diese Versuche mit ihrer Äußerung "Ich kann nicht, ich kann nicht". Dennoch habe sie nicht gedacht, dass die Frau wirklich in Not war: "Sie hat nicht geschrien und auch nicht um Hilfe gerufen".

Weiterer Zeuge

Im Laufe der Verhandlung am Donnerstag soll noch ein weiterer Zeuge einvernommen sowie die kontradiktorische Einvernahme des mutmaßlichen Opfers durchgeführt werden. Ein Polizist als Zeuge soll dabei etwa klären, ob "von der Ferne" der Zugriff auf die Cloud eines I-Phones verhindert wurde, auf dem sich auch Fotos befinden sollen, die während der Tat angefertigt wurden. Die Verhandlung war bis 18.00 Uhr anberaumt.

Die vier Angeklagten im Alter von 48, 45, 50 und 31 Jahren sollen laut Staatsanwaltschaft im Februar letzten Jahres ihre Arbeitskollegin unter dem Vorwand, die Lagerung für eine Operation zu üben, bäuchlings kniend mit gespreizten Beinen mit Klettgurten auf einem OP-Tisch festgebunden haben. Trotz ihrer wiederholten Aufforderung sie loszumachen, soll sie erst losgebunden worden sein, nachdem der Drittangeklagte mit einem Edding-Stift einen Anus und eine Vagina auf ihre Arbeitshose aufgezeichnet hatte. Der Zweit- und der Viertangeklagte sollen zudem währenddessen von der Frau Fotos in dieser Position angefertigt haben. Die vier nach dem Vorfall suspendierten Mitarbeiter hatten ursprünglich angegeben, dass es sich um einen "Scherz" gehandelt habe.