Am Wiener Landesgericht ist am Freitagabend der Prozess gegen drei mutmaßliche Mitglieder der Hells Angels zu Ende gegangen. Zwei Angeklagte wurden schuldig erkannt, der dritte von sämtlichen gegen ihn gerichteten Vorwürfen freigesprochen. Der 38 Jahre alte Hauptangeklagte erhielt 33 Monate Haft, davon elf Monate unbedingt. Ein 31-Jähriger bekam 18 Monate unbedingt, zudem wurde eine offene, aus einer Vorverurteilung resultierende Bewährungsstrafe von vier Monaten widerrufen.

Gangsta-Rapper war bereits in U-Haft

Der Jüngste des Trios fasste somit insgesamt 22 Monate aus, während der Älteste zur Gänze freigesprochen wurde. Der Freispruch für den 50-Jährigen ist allerdings nicht rechtskräftig. Die Staatsanwältin gab zu sämtlichen Entscheidungen keine Erklärung ab. Sollten die Urteile in Rechtskraft erwachsen, müsste der 38-Jährige nicht zurück ins Gefängnis: der von Verteidiger Philipp Wolm vertretene Gangsta-Rapper hat die elf Monate bereits in der U-Haft verbüßt. Der 31-Jährige hätte wiederum Aussicht auf eine Fußfessel und könnte die Reststrafe im elektronisch überwachten Hausarrest „absitzen“.

Von der ursprünglichen Anklage blieb nach stundenlangen Beratungen der Geschworenen nur ein Teil übrig. Die Staatsanwältin hatte vor dem Prozess-Finale die ursprünglich inkriminierte schwere Erpressung modifiziert - der Hauptangeklagte wurde am Ende im Zusammenhang mit einer Schlägerei in einem Tanzlokal wegen minderschwerer Erpressung und für eine schwere Körperverletzung zulasten einer 17-Jährigen, der er im Zustand der vollen Berauschung zwei Faustschläge ins Gesicht versetzt hatte, sowie wegen nationalsozialistischer Wiederbetätigung verurteilt. Er hatte über WhatsApp mehrfach Hitler-Bilder verbreitet. Den Jüngsten sprachen die Geschworenen für eine schwere Körperverletzung in einer Rieder Weinhalle sowie ebenfalls wegen Wiederbetätigung schuldig, wobei er lediglich wegen eines Hitler-Bildes abgeurteilt wurde. Er bekam seine Strafe deshalb nicht bedingt oder teilbedingt nachgesehen, weil er sich im Unterschied zum Hauptangeklagten nicht geständig verantwortet hatte. Beide Männer wurden von einigen weiteren Anklagefakten freigesprochen - was bei den Polizeibeamten, die gegen sie ermittelt hatten, auf Unverständnis stieß. Sie reagierten im Großen Schwurgerichtssaal auf den Verfahrensausgang teilweise mit Kopfschütteln.

Influencerin als Zeugin

Den drei Angeklagten, die im vergangenen Herbst festgenommen worden waren, war eine Fülle an strafbaren Handlungen angekreidet worden. Die inkriminierten Vorwürfe reichten von Schutzgelderpressung über Körperverletzungen bis zu gefährlichen Drohungen und Nötigungen. Ein zentraler Anklagepunkt betraf ein Tanzlokal in Oberösterreich, das schon in der Vergangenheit Opfer von Schutzgelderpressungen gewesen sein dürfte: am 17. September 2023 wurde das Lokal erneut von mutmaßlich Kriminellen heimgesucht. Laut Anklage wurden der Geschäftsführer und der DJ von Mitgliedern der Hells Angels aus Österreich und einer Gruppierung aus Deutschland aufgesucht und zusammengeschlagen, weil sie dort keine Drogen verkaufen wollten.
Sämtliche drei Angeklagte - weitere Beteiligte konnten bisher nicht ausgeforscht werden - beteuerten, sie wären an diesen Vorgängen nicht beteiligt gewesen. Der 38-jährige Hauptangeklagte behauptete, er sei nicht am Tatort, sondern mit einer Geliebten in einer Therme gewesen, was sich mit Fotos belegen lasse.

Diese Zeugin wurde am letzten Verhandlungstag noch unter Wahrheitspflicht vernommen. Die 31-Jährige Influencerin hatte mit dem Hauptangeklagten im Spätsommer 2023 offenbar ein „Pantscherl“. Sie bestätigte die Angaben des 38-Jährigen, die Geschworenen schenkten ihr jedoch keinen Glauben - zwei andere Zeugen hatten an einem vorangegangenen Verhandlungstag unter Wahrheitspflicht versichert, sie hätten den 38-Jährigen in der Hells Angels-Kluft im Tanzlokal gesehen, als es dort zur Schlägerei kam. Ein Gast war sich sicher, von diesem mit den Worten „Hoit die Papp‘n“ angesprochen worden zu sein, eine Mitarbeiterin war überzeugt, dem 38-Jährigen auf der Damentoilette begegnet zu sein, wobei sie ihre Angaben auf die auffälligen Tattoos des Mannes im Kopf- und Gesichtsbereich stützte.