Nun ist er hier, der Wettersturz. In der Nacht auf Donnerstag hat das lange angekündigte Italien-Tief Österreich erfasst – es regnet seither ausgiebig. 80 Liter pro Quadratmeter waren es laut Geosphere Austria bis zum Donnerstagabend in weiten Teilen Kärntens werden, in der südlichen Steiermark 40 bis 60 Liter, in Graz immerhin rund 25. Auch in den Nordstaulagen der Obersteiermark sind vorerst rund 50 Liter Niederschlag drin, lokale Überschwemmungen in der Steiermark und in Kärnten können die Folge sein. Die Schneefallgrenze sinkt vorerst auf 1200 Meter, aus Höchstwerten von 25 Grad sind binnen eines Tages nur noch 15 Grad geworden.
Ungewöhnlich sind solche Vorgänge um diese Jahreszeit nicht. Mit dem Herbst beginnt die Zeit der Vb-Wetterlagen, wie die Italientiefs (auch: Genuatiefs) in der Fachsprache genannt werden. Dabei schieben sich kalte Luftmassen aus dem Norden über die Wärmeglocke des Mittelmeerraums, es entsteht eine labile Luftschichtung. Die Wassermassen, die dann vom Himmel fallen, können auch in Österreich enorm sein. Und doch ist das Potenzial für schwere Niederschläge heuer noch größer als sonst.
Klimawandel heizt das Wasser auf
Der Grund liegt in der außergewöhnlichen Erhitzung des Mittelmeers. Mehr als 28 Grad Celsius betrug im August laut den Messungen des EU-Klimadienstes Copernicus die mittlere Oberflächentemperatur des Wassers zwischen Zypern und Gibraltar – eine Marke, die im Monatsmittel nie zuvor durchbrochen worden ist. Tageweise sind die mittleren Werte sogar auf 29 Grad gestiegen, in manchen Regionen wurde der 30er geknackt. Auslöser des Anstiegs, da sind sich Fachleute einig, ist der Klimawandel durch den massiven Treibhausgasausstoß.
Kombiniert mit der ebenfalls wärmeren Luft, kann sich ein gefährlicher Cocktail ergeben, warnen Meteorologen. „Durch das aufgeheizte Mittelmeer kann mehr Wasser verdampfen und die warme Luft kann auch mehr davon aufnehmen und dann wieder abgeben. Pro Grad Erwärmung steigt diese Kapazität um sieben Prozent“, sagt Gerhard Hohenwarter, Meteorologe bei Geosphere Austria. Die Niederschlagsmassen, die Italientiefs mit sich bringen können, steigen somit. Wenngleich Hohenwarter einschränkt: „Das warme Mittelmeer alleine bedeutet noch nicht, dass die Niederschläge Österreich auch erreichen. Dafür muss viel zusammenspielen.“
Extremwetter: „Das kann wirklich gefährlich werden“
Zu spüren bekommen diesen Effekt seit Tagen Kroatien und weite Teile Italiens, wo extreme Regenfälle von der Toskana bis nach Rom Überschwemmungen verursacht haben. „Heuer im Herbst mögen uns deshalb alle Wettergötter davor bewahren, dass noch mehrere Italientiefs nach Österreich kommen“, sagt Marcus Wadsak, Meteorologe und lange Jahre Leiter der ORF-Wetterredaktion. „Mit diesen Temperaturen im Mittelmeer kann das wirklich gefährlich werden.“
Diesmal könnte Österreich mit einem blauen Auge davonkommen. Das Tief dreht bereits heute Abend nach Osten ab. Noch mehr Sorgen als der Regen bereitet allerdings aber etwas anderes: In den alpinen Nordstaulagen kann es weit herunterschneien. „Da ist mit Problemen und viel Schneebruch zu rechnen“, sagt Hohenwarter. Und: Am Wochenende greift das Tief von Norden her erneut nach Österreich herein. Die Schneefallgrenze sinkt weiter und es weht heftiger Wind.