Omar Haijawi-Pirchner, Chef der Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst (DSN), wurde bei Armin Wolf in der ZiB 2 deutlich: „Man muss schon auch abwägen, das Grundrecht auf Datenschutz gegen das Grundrecht auf Leben und Gesundheit, das, denke ich, viel höher zu sehen ist. Wir können in diesem Bereich unsere wichtige Arbeit derzeit aber nur sehr eingeschränkt leisten, weil uns die nötigen Mittel fehlen. Und, es muss uns erlaubt sein, zu sagen, was wir benötigen, um unsere Arbeit zum Schutz der Bevölkerung zu leisten.“

Die Forderung der Staatsschützer, künftig auch in Österreich Spionagesoftware zur Echtzeitüberwachung und damit zu Aufklärung und Verhinderung von Straftaten, war Thema in der Sendung mit Armin Wolf. Derzeit kann die Polizei Messengerdienste nicht überwachen, weil es hierfür eine - nicht unstrittige - Spionagesoftware braucht. In Deutschland sind solche „Staatstrojaner“ bereits im Einsatz. Nach den geplanten Anschlägen auf die Taylor Swift Konzerte in Wien, will auch die Polizei hierzulande mehr Kompetenzen in diesem Bereich. Ein neues, detaillierteres Gesetz soll nun den Weg dafür ebnen, nachdem ein erster Entwurf 2019 vom Verfassungsgericht gekippt wurde.

Internet ist das Kommunikationsmedium der Islamisten

Der Staatsschützer betonte in der ZiB 2, dass Islamisten vor allem über das Internet kommunizieren. Zwar werde dafür auch das frei zugängliche Internet genutzt. So postete der mutmaßliche Attentäter von Wien, sein Bekenntnis zum IS frei zugänglich auf Instagram. „Wenn es aber um konkrete Pläne geht, etwa um Waffen zu kaufen, sich abzustimmen, dann nutzen potenzielle Attentäter verschlüsselte und geschlossene Chats und Foren. Hier ist eine Überwachung erforderlich.“ Das hätten die vereitelten Anschlagspläne von Ternitz und Wien gezeigt, denn die Detailabstimmung habe in geschlossenen, verschlüsselten Chats stattgefunden. „Diese Chats kann man dann nur mit einer entsprechenden Spionagesoftware auslesen“, betont Haijawi-Prichner.

Die Frage von Armin Wolf, ob man ab dem Zeitpunkt, da man von den Anschlagsplänen wusste, mutmaßlichen Tätern die Handys nicht einfach hätte abnehmen und auswerten können, konterte Haijawi-Prichner: „Dann ist es schon zu spät. Unsere Aufgabe ist auf der einen Seite die Gefahrenabwehr, auf der anderen Seite ist Strafverfolgung zusammen mit den Justizbehörden. Es ist hier ein schmaler Grat zwischen Gefahrenabwehr und Gefahrenaufklärung. Wir müssen dafür auch Beweise sammeln, um Hausdurchsuchungen oder Festnahmen vorzunehmen. Im konkreten Fall hätten wir, ab dem Zeitpunkt, da wir von den Anschlagsplänen wussten, mit der Messengerüberwachung sehr viele Beweise und Informationen sammeln können.“

870 für immer gelöschte Chats am Handy

Die Anspielung, auf welches der 17 beim mutmaßlichen Täter gefundenen Handys man denn die Spionagesoftware man hätte nutzen wollen, argumentierte der Staatsschützer: „Der Beschuldigte besaß zwar 17 Handys, kommuniziert hat er aber nur mit einem. Dort hätte man die Überwachung vornehmen können. Jetzt können wir erst im Nachhinein nach der Auswertung der sichergestellten Handys sagen, welchen Sprengstoff der Mann verwenden wollte, welche chemischen Substanzen, wer zum Netzwerk gehörte und wie er instruiert wurde“.

Zudem hätten die Ermittler erst jetzt feststellen können, dass auf dem relevanten Handy 870 gelöschte Chats sind, „die wir so nicht mehr herstellen können. Das hätten wir nur mit einer Überwachung können, ab dem Zeitpunkt, da wir um sein Gefährdungspotenzial wussten“.

Rund 10 bis 20 Einsätze einer Spionagesoftware pro Jahr möglich

Unkonkret blieb Omar Haijawi-Pirchner, welche konkrete Straftat in den vergangene Jahren bereits mit einer Überwachung hätte verhindert werden können. Er verwies auf die zahlreichen islamistischen Gefährder im Land, räumte aber auch ein, dass es keine Überwachung der Welt Terroranschläge zu 100 Prozent verhindern könne. Konkreter wurde der DSN-Chef bei der Anzahl der Verwendungen einer Spionagesoftware pro Jahr: „In rund zehn bis zwanzig Fällen.“

Eine Information hatte Omar Haijawi-Pirchner aber noch „Wir wissen nun, auf welches Taylor-Swift-Konzert der Attentäter es abgesehen hatte“. Aus ermittlungstaktischen Gründen blieb er jedoch genauere Informationen dazu noch schuldig. Diese sollen zeitnah der Öffentlichkeit präsentiert werden.