Ende Dezember 2019 hat der Verfassungsgerichtshof weite Teile eines türkis-blauen Sicherheitspakets als verfassungswidrig aufgehoben. Nicht nur die verdeckte Überwachung verschlüsselter Nachrichten durch Installation eines Programms auf einem Computersystem ist gemäß dem Spruch nicht erlaubt. Auch die Ermächtigung, zur Installation eines sogenannten Bundestrojaners in Räume einzudringen, Behältnisse zu durchsuchen und spezifische Sicherheitsvorkehrungen zu überwinden, wurde damals aufgehoben.

Die ÖVP fordert nun abermals mehr Möglichkeiten für die Polizei, auf verschlüsselte Kommunikation zuzugreifen. Nötig ist dafür eine spezielle Software, von vielen „Bundestrojaner“ genannt. Datenschützer halten dies für sehr problematisch – immerhin müssten bewusst Sicherheitslücken in allen Geräten offengelassen werden.

Zu diesem Thema war Strafrechtsprofessorin Ingeborg Zerbes in der ZiB 2 bei Margit Laufer zu Gast. Die Überwachung von verschlüsselten Messengerdiensten wäre vom Verfassungsgerichtshof nicht ausgeschlossen worden, so Zerbes. Es gehe dabei um die Verhinderung schwerster Gewalttaten, was natürlich auch Terroranschläge betreffe. Dass bei der Überwachung aber Sicherheitslücken geschaffen werden, bestätigt die Juristin. „Wir können natürlich nicht ausschließen, dass Hacker eine Sicherheitslücke nützen“, so Zerbes. „Was wir aber machen können, ist die Nutzung einer Sicherheitslücke durch den Staat extrem eng zu beschränken.“ Auf welche Daten der Staat zugreifen dürfte, sei eine „Frage der gesetzlichen Regelung“.

Zerbes: Verbotsgesetz für Islamismus nicht notwendig

ZiB-Moderatorin Margit Laufer hakt nach und möchte wissen, wie man verhindern könne, dass Daten in falsche Hände geraten – gerade wenn man an die Spionagevorwürfe gegen den ehemaligen Verfassungsschützer Egisto Ott denke. Dieses Problem habe man mit sämtlichen Daten, erwidert Zerbes. Die Schutzvorkehrungen gegen Missbrauch seien immer wieder nachzuschärfen. Der Fall Egisto Ott habe gezeigt, dass es eine Lücke gab: „Wir verbessern diesen Schutz.“

Würde man die Möglichkeit der Überwachung von Messengerdiensten nicht schaffen, dann handle man sich eine „Dauerabhängigkeit zu fremdstaatlichen Geheimdiensten“ ein. Datenberge würden bei der Überwachung nicht anfallen, wenn „die Fälle ganz reduziert geregelt sind“.

Die Direktion für Staatsschutz und Nachrichtendienst (DSN) war nach der BVT-Affäre international isoliert – die Lage hätte sich laut der Strafrechtsprofessorin aber entspannt. Das zeige ja auch die Zusammenarbeit mit Partnerdiensten.

Ein Verbotsgesetz für Islamismus hält Zerbes nicht für notwendig – es gebe bereits genügend Straftatbestände gegen die Vorbereitung schwerer Gewalttaten, darunter ein Verbot von Zusammenschlüssen dieser Ausrichtung. „Ich sehe überhaupt keinen Bedarf, weitere Straftatbestände zu schaffen“, so Ingeborg Zerbes.