Im Zusammenhang mit den Anschlagsplänen auf eines der mittlerweile abgesagten Taylor-Swift-Konzerte in Wien ist es am Donnerstagabend zu einer weiteren Festnahme gekommen. Ein 18-Jähriger aus dem Umfeld des 19-jährigen Hauptverdächtigen wurde in Wien in Gewahrsam genommen, sagte Innenminister Gerhard Karner (VP) am Freitag im Rahmen einer Pressekonferenz im Burgenland. Für den 19-Jährigen und den 17-jährigen Beschuldigten wurde unterdessen die Verhängung der U-Haft beantragt.

Der 19-Jährige hatte nach seiner Festnahme ein umfassendes Geständnis abgelegt und dabei in aller – für die ermittelnden Beamten erschreckenden – Offenheit zugegeben, einen Selbstmordanschlag im Sinn gehabt zu haben, wobei möglichst viele „Ungläubige“ ihr Leben hätten verlieren sollen. Er hatte vor, mit seinem Auto möglichst nahe ans Ernst-Happel-Stadion zu kommen, um dort mit selbst hergestelltem Flüssigsprengstoff bzw. Stichwaffen vor dem Stadion versammelte „Swifties“ zu attackieren, die beim Kartenkauf für Taylor Swift leer ausgegangen waren. Der 19-Jährige, der damit rechnete, von der Polizei erschossen zu werden, hatte wenige Tage davor einen Treueschwur auf den neuen Führer der Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS) abgelegt.

Im Fokus: Was wusste der 18-jährige Terrorverdächtige?

Er kündigte seinen Anschlag zwar nach derzeitigem Ermittlungsstand nicht auf einschlägigen IS-Kanälen im Internet an. Allerdings teilte er bei seiner Kündigung am 25. Juli seinem ehemaligen Arbeitgeber – einem Chemie-Betrieb in Ternitz, wo er Wasserstoffperoxid (H2O2) und weitere Chemikalien zur Herstellung des Flüssigsprengstoffs TATP gestohlen haben soll – mit, er habe „Großes vor“. Nach jüngsten APA-Informationen soll er auch zumindest zwei Freunden gegenüber angedeutet haben, er wolle einen Terroranschlag begehen.

Der 19-Jährige hatte bis Freitagmittag keinen Rechtsvertreter. Aus Ermittlerkreisen heißt es, der in Ternitz bei seinen Eltern gemeldete junge Mann sei psychisch auffällig. Er hatte sich zuletzt äußerlich markant verändert – offenbar um dem typischen Bild eines IS-Kämpfers zu entsprechen, rasierte er sich nicht mehr. Außerdem dürfte er Anabolika genommen haben, um an Muskelmasse zuzulegen – auch Steroide wurden neben Flüssigsprengstoff, Chemikalien, Zündschnüren, Zündvorrichtungen, Messern und Stichwaffen und einer Anleitung zum Bombenbauen bei der am Mittwoch vorgenommenen Hausdurchsuchung sichergestellt.

18-jähriger Iraker auch IS-Sympathisant?

Der am Freitag festgenommene 18 Jahre alte irakische Staatsbürger soll mit dem Hauptverdächtigen in Kontakt gestanden sein. Die beiden waren miteinander persönlich bekannt, kannten einander allerdings nur flüchtig. Über den 19-Jährigen, in dessen Umfeld in den vergangenen Tagen akribisch ermittelt wurde, war man auf den Iraker gekommen. Es dürfte sich bei dem 18-Jährigen ebenfalls um einen IS-Sympathisanten handeln. Er soll IS-Propagandamaterial besessen und in sozialen Medien geteilt haben und außerdem vor wenigen Tagen einen Treueschwur auf den IS abgelegt haben. Er soll diesen auch in Form eines vorgefertigten Nasheeds (eine Art Sprechgesang, Anm.) verbreitet haben und nicht – wie in derartigen Fällen üblich – als Video- oder Bilddatei.

Es gibt derzeit keine Hinweise, dass der 18-Jährige in die Anschlagspläne des 19-Jährigen eingebunden war oder davon überhaupt wusste. Das räumte auch Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) ein, der bei einem Pressetermin in Nickelsdorf am Freitagvormittag erklärte, der 18-Jährige sei nicht direkt mit den Anschlagsplänen auf das Taylor-Swift-Konzert in Verbindung zu bringen. Der 18-Jährige ist formal auch nicht Teil des Ermittlungsverfahrens, das die Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt wegen terroristischer Vereinigung und krimineller Organisation gegen den 19- und den 17-Jährigen führt. Zuständig für den 18-Jährigen ist die Staatsanwaltschaft Wien, die separat gegen den Iraker ermittelt. Wie das Innenministerium am Nachmittag mitteilte, seien durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) „umgehend Maßnahmen zur Aberkennung des Aufenthaltsstatus“ des 18-jährigen Irakers eingeleitet worden.

Flüssigsprengstoff bei Verdächtigen in Ternitz gefunden

Indes befinden sich der 19-jährige Hauptverdächtige und der 17-jährige mögliche Komplize seit Donnerstag in der Justizanstalt Wiener Neustadt. Die Staatsanwaltschaft beantragte mittlerweile die Verhängung der U-Haft. Eine Entscheidung darüber ist laut Birgit Borns, der Sprecherin des Landesgerichts Wiener Neustadt, für (den heutigen) Freitag geplant.

Der 15-Jährige, der als Zeuge geführt wird, werde weiter intensiv vernommen, sagte Karner. Während der 19-Jährige ein Geständnis abgelegt habe, verweigere der 17-Jährige nach wie vor die Aussage. Die Ermittlungen würden weiterhin auf Hochdruck laufen, sobald es neue Erkenntnisse gebe, werde man die Öffentlichkeit informieren, hielt der Innenminister fest.

Ermittelt wird gegen das Duo weiterhin wegen terroristischer Vereinigung (§ 278b Strafgesetzbuch) und krimineller Organisation (§ 278a Strafgesetzbuch), teilte eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft mit. Den Beschuldigten wird vorgeworfen, sich an der radikalislamischen Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS) beteiligt und deren Ziele und Absichten vertreten zu haben.

Untersuchungen zu 19-jährigem Hauptverdächtigen in Nordmazedonien

Der umfassend geständige 19-Jährige soll seit Ende Juli ein Attentat auf eines der drei dieser Tage in Wien vorgesehenen Swift-Konzerte geplant haben. Er verfügte bereits über einen funktionsfähigen Flüssigsprengstoff, den er selbst hergestellt hatte. Konkret soll der 19-Jährige vorgehabt haben, am Donnerstag oder am Freitag mit seinem Auto in bzw. vor eine Menge von „Swifties“ vor dem Ernst-Happel-Stadion zu rasen, die beim Kartenkauf leer ausgegangen waren und sich draußen versammelt hätten. Ziel sei gewesen, möglichst viele Menschen mit einem Sprengsatz sowie Hieb- und Stichwaffen zu töten. Der österreichische Staatsbürger wurde am Mittwoch an seinem Wohnort in Ternitz (Bezirk Neunkirchen) festgenommen.

Am selben Tag in Wien in Gewahrsam genommen wurde ein 17-Jähriger aus dem Umfeld des Hauptverdächtigen, wobei der Bursche mit türkisch-kroatischen Wurzeln dem Staatsschutz bereits bekannt war. Er war seit wenigen Tagen bei einem Facility-Unternehmen im Happel-Stadion angestellt. Verteidiger Nikolas Rast stellte in Abrede, dass sein Mandant mit Terrorismus und Anschlagsplänen etwas zu tun habe.

Auch ein 15-Jähriger hatte sich zunächst in polizeilicher Anhaltung befunden. Nach Informationen vom Donnerstagabend gilt der Bursch aber nicht als tatverdächtig. Er wird in dem Verfahren nicht als Beschuldigter geführt, sondern wurde als Zeuge vernommen. Der Teenager dürfte mit seiner Aussage die Verdachtslage gegen den 19-Jährigen bestätigt haben.

Die ethnischen Mazedonier sind christlich-orthodox, während die Albaner mehrheitlich muslimisch sind.