Die Zeit rennt: Bis 1. September ist der Tierarzt von Johannes Reinalter im Tiroler Paznaun noch im Dienst, dann geht der 77-Jährige in den verdienten Ruhestand. „Ein großartiger Arzt, der quasi 24 Stunden am Tag, 365 Tage im Jahr verfügbar war. Jetzt macht der Körper nicht mehr mit“, erzählt der Milchkuhbauer. Die in Teilzeit beschäftigte Mitarbeiterin des Arztes möchte die Praxis mit einer weiteren Mitarbeiterin oder Mitarbeiter übernehmen, doch wird selbst mithilfe des Landesveterinärs und Tierärzteschaft nicht fündig. „Wir sind ein peripheres Gebiet, ohne großem Viehbestand, mit vielen Kleinbetrieben und vielen Kilometern zu fahren. Da ist der Gesamtverdienst nicht so reizvoll, erklärt Reinalter. Die Unsicherheit der medizinischen Versorgung erschwert es dem Tiroler Landwirt, die Zukunft zu planen.

So viele Veterinäre wie nie

Mit diesem Problem ist er nicht alleine. „In Österreich gibt es ein flächendeckendes Nachwuchsproblem“, sagt der Tierärztekammerpräsident Kurth Frühwirth. Dabei ist die Zahl der Tierärzte mit rund 3500 Veterinären so hoch wie nie. Doch im Nutztierbereich hapert es. „Der Job ist in vielen Bereichen nicht mehr attraktiv. Es gab einen Paradigmenwechsel: Viele wollen nicht mehr so viel arbeiten, 50.000 Kilometer im Jahr fahren und bevorzugen Work-Life-Balance, verdienen dadurch aber auch weniger“, so Frühwirth. Der Kleintierbereich (sprich Haustiere) sei deutlich attraktiver: Wenig Hausbesuche, kürzere Zeit pro Patient, investierfreudige Kunden, die das Leben ihrer Lieblinge um beinahe jeden Preis verlängern wollen - sprich mehr Geld.

Gemeinschaftspraxen und Basiseinkommen

Frühwirth fordert von Kommunal- und Landespolitik ein Basiseinkommen, das Nutztierveterinäre wieder in ländliche Regionen lockt. Außerdem gehe es nur gemeinsam. „Wo es geht, sollten Gemeinschaftspraxen gegründet werden, um sich Miete, Bürokratie und Arbeit aufzuteilen.“