Um die fatalen Folgen eines Hundebisses ist es am Montag in einer Verhandlung am Landesgericht gegangen. Ein Mann war am 10. November 2022 in Wien-Floridsdorf am Heimweg von der Arbeit, als ihm Am Spitz ein nicht angeleinter Terriermischling in den linken Unterschenkel biss. Im Vorjahr erlitt der 37-Jährige dann mehrere Schlaganfälle und lag zwei Wochen im Wachkoma, wobei ein medizinisches Gutachten einen kausalen Zusammenhang zwischen dem Biss und den Folgen feststellte.

Opfer bekam Schmerzengeld

Der 37-Jährige, der sich aus dem Wachkoma zurück ins Leben kämpfte, ist seither ein Pflegefall. Mithilfe eines Rollators und in Begleitung seiner Verlobten sowie seiner Mutter erschien der Vater eines zwei Jahre alten Kindes zur Verhandlung gegen den Hundehalter. Als Zeuge vernommen konnte der Mann allerdings nicht werden. „Er kann nicht sprechen. Ich glaube nicht, dass Sie ihn verstehen“, verriet seine Mutter Richter Patrick Aulebauer.

Der Richter verurteilte den Angeklagten wegen fahrlässiger Körperverletzung mit Dauerfolgen rechtskräftig zu einem Jahr bedingter Haft. Das Opfer bekam ein Schmerzengeld von knapp 18.500 Euro zugesprochen. Bei der Strafbemessung wurde die Beeinträchtigung des 37 Jahre alten Angeklagten berücksichtigt: Der Mann, der ausgesprochen verwahrlost und in Begleitung einer Erwachsenenvertreterin zu Gericht kam, leidet an einer paranoiden Schizophrenie. Ein von der Staatsanwaltschaft eingeholtes Gutachten kam jedoch zum Schluss, dass es sich dabei um keine nachhaltige und schwerwiegende Störung handelt. Der 37-Jährige wurde von einem psychiatrischen Sachverständigen als zurechnungsfähig und damit schuldfähig eingestuft.

In seiner Beschuldigteneinvernahme, die über weite Strecken für die Zuhörerinnen und Zuhörer nicht verständlich war, räumte der Angeklagte ein, er habe auf den Hund, der in der Vergangenheit schon mehrfach Menschen gebissen hatte, nicht „ordnungsgemäß aufgepasst“. Das Tier habe keinen Beißkorb getragen, sei aber angeleint gewesen, behauptete der 37-Jährige: „Eine Leine hat er sicher oben g‘habt.“ Wie es zum Biss gekommen sei, „weiß ich selber eigentlich nicht“. Jemand müsse den Hund „provoziert“ haben, vermutete der Angeklagte.

Hund musste abgegeben werden

Der vom Hund Angegriffene hatte nach dem Biss seine Verlobte angerufen und ihr von dem Vorfall berichtet. Da die Wunde am Unterschenkel nicht verheilte und zu eitern begann, ging der bei einer Reinigungsfirma Beschäftigte zunächst drei Monate in den Krankenstand. Dann begann er wieder zu arbeiten, als plötzlich über Monate hinweg Fieberschübe auftraten, die sich sein Hausarzt nicht erklären konnte. Gegen den Mediziner wird von der Staatsanwaltschaft Wien wegen möglicher Behandlungsfehler ermittelt. Im Vorjahr erlitt der 37-Jährige dann einen ersten Schlaganfall, dem - wie seine Mutter im Grauen Haus darlegte - sechs weitere folgten. Ursache dafür war eine - ärztlicherseits zunächst nicht erkannte - bakterielle Entzündung der Herzinnenhaut, was zu Herzschwäche, Durchblutungsstörungen und Einschwemmungen in die Blutbahnen des Gehirns führte.

Ihr Sohn habe nach dem siebenten Schlaganfall zwei Wochen im Wachkoma gelegen, berichtete die Mutter: „Er hat nur mit den Augen kommuniziert.“ Er habe über eine Magensonde ernährt werden müssen. Dann habe sich „langsam eine Bewegung angezeigt“. Mithilfe von Physiotherapie sei es „besser geworden. Er ist im Rollstuhl aus dem Spital rausgekommen“. Inzwischen kann sich der 37-Jährige mithilfe eines Rollators selbstständig bewegen. Die maßgeblichen Stellen haben ihm laut seiner Mutter eine hundertprozentige Behinderung bescheinigt. Er bezieht Pflegegeld in der Stufe 4, hat also mehr als 160 Stunden Pflegebedarf im Monat.

Der Angeklagte hat übrigens den beißwütigen Hund abgegeben bzw. abgeben müssen. Er wurde nach dem verfahrensgegenständlichen Biss von behördlicher Seite mit einem dreijährigen Hundeverbot belegt. Dieser sei jetzt „bei einem Bekannten“, sagte der 37-Jährige, nachdem er dem Richter auf seinem Handy Fotos des Terriermischlings gezeigt hatte.