Flugposition F09. Der Airbus A320 rollt lautstark an, er kommt aus Palma. Mit 40 Minuten Verspätung. Für das Team von Johannes Smejkal bedeutet das: Schnell sein, das Flugzeug muss bald wieder in die Luft. Ein Zeichen vom Piloten aus dem Cockpit und die Mitarbeiter eilen herbei: Bremsklötze anlegen, Koffer entladen, Fenster reinigen und, und, und. „Wir beim Groundhandling kochen nur das Essen nicht selber und wir betanken das Flugzeug nicht, aber alles andere machen wir“, sagt Smejkal stolz.
Ohne ihn und sein Team könnte kein Flugzeug in Wien starten oder landen. Seit 1938 heben in Schwechat Maschinen ab, der Militärflugplatz der deutschen Luftwaffe war hier. Nach dem Zweiten Weltkrieg übernahmen britische Besatzungstruppen. Seit 1954 gibt es den Flughafen, wie er heute existiert. 70 Jahre ist er heuer also alt. Die Hälfte der Zeit hat Smejkal miterlebt. Als Einwinker hat er sich damals beworben, einfach aus Interesse. Eingestellt wurde er dann als „Ramp Agent“. Als jemand, der alles rund um die Flugzeuge organisiert.
Damals war vieles anders als heute: Gegensprechanlagen statt Mobiltelefone. Bäume und Teiche zierten das kleine Rollfeld noch. Unvorstellbar waren elektrisch betriebene Flugzeugschlepper, die einen Hunderte Tonnen schweren Airbus ziehen. Kontrollen gab es fast keine. „Man ist einfach zum Schranken gefahren und hat gegrüßt, weil man den Kollegen dahinter gut kannte.“ Heute wird jeder Mitarbeiter kontrolliert, stichprobenartig auch auf Sprengstoff. Eine Handvoll Leute hat sich damals um die Flugzeuge gekümmert. Heute hat Smejkal 1500 Menschen in seinem Team. 64.000 Passagiere zählte der Flughafen im Jahr 1954, heuer sollen es rund 30 Millionen werden. Mit dem Fall der Berliner Mauer kam der Passagierboom. Wien wurde zum Drehkreuz.
Man nennt sie die „Diversion-Queen“
Seitdem hat Doris Völkerer-Lenz viel zu tun – gerade jetzt in der Reisezeit. 1988 fing sie am Flughafen an, seit sieben Jahren ist sie Emirates-Stationsleiterin, mit Smejkal arbeitet sie täglich eng zusammen. Ihr größtes Ziel: „Jeder Flieger hebt pünktlich ab und kein Passagier verlässt den Flughafen unglücklich.“ Völkerer-Lenz löst Probleme. Haben Passagiere Medikamente vergessen oder aus Versehen ihre Koffer mit einer Schlagoberskartusche darin eingecheckt, rennt die 55-Jährige los und tut, was sie kann. „Es ist viel Action. Man braucht immer einen Plan A, B und C.“ Die Herausforderung sei ihr Lebenselixier. An einem „normalen“ Tag legt sie am Gelände zehn Kilometer zu Fuß zurück.
In Dubai, dem Emirates-Sitz, nennt man sie die „Diversion Queen“. Weil Piloten, die an Bord ihres Flugzeugs einen medizinischen Notfall haben, gern in Wien notlanden (Diversion = unvorhergesehene Landung). Da laufe alles immer so reibungslos, bekommt Völkerer-Lenz zu hören, erzählt sie und strahlt. Für den Notfall ist die Stationsleiterin „24/7“ erreichbar. Ist sie daheim in Niederösterreich, kann sie in 12 Minuten am Flughafen sein. Doch nichts würde ohne das große Team funktionieren, betont sie.
Smejkal kann das bestätigen. In seiner Karriere hat er schon einiges miterlebt. Als wegen 9/11 Flugzeuge reihenweise umkehren mussten, als Covid-19 den Betrieb lahmlegte, als der von Hagel getroffene Flieger ohne Nase landete. Oder als der Airbus der Hapag Lloyd wegen massiver Spritprobleme in Wien notlanden musste. „Ich war am Funk und alle Crews haben gefragt, was los ist. Den Flughafen haben wir gesperrt, zum Glück gab es keine Verletzten.“
Koffer in 14 Kilometer-Anlage
Vom Rollfeld ins Gepäcklager: Über eine 14 Kilometer lange Anlage werden die Koffer und Taschen transportiert. Die Fließbänder sind um diese Zeit voll. Genauso wie Abflug- und Ankunftshalle. 60 Airlines frequentieren Schwechat, ab Wien gibt es über 190 Reiseziele in mehr als 67 Länder. Der Flughafen wächst, ist eine „stetige Baustelle“, wie Smejkal seinen Arbeitsort liebevoll nennt. Derzeit wird das Terminal 3 vergrößert. Smejkal und Völkerer-Lenz lieben an ihrem Job, dass sich immer viel verändert, dass kein Tag dem anderen gleicht. „Diese Faszination rund um den Flughafen reißt irgendwie nicht ab.“