Zweieinhalb Jahre lang war es ruhig: Wegen statischer Probleme des Turms mussten die Glocken im Salzburger Herrnau schweigen. Ende 2020 kehrten sie nach einer Sanierung in den 42 Meter hohen Turm zurück. Und schlugen im Viertelstundentakt. Viele Leute in der Umgebung hätten das Geläut vermisst, freute sich Pfarrer Alois Dürlinger damals. Für alle Anrainer sprach er wohl nicht. Denn der Stundenschlag im Viertelstundentakt störte einen Nachbarn so sehr, dass er vor Gericht zog: Kurz vor Weihnachten 2023 reichte er eine Unterlassungsklage ein.
Prozess auf Eis gelegt
Am Dienstag wurde vor dem Landesgericht nach mehreren Vergleichsgesprächen eine vorläufige Einigung gefunden. „Der Prozess wurde auf Eis gelegt. Über den Sommer wird das Zeitschlagen in Absprache mit der Erzdiözese um 20 Uhr beendet“, bestätigt Gerichtssprecherin Christina Bayrhammer. Bislang erklangen die Glocken bis 22 Uhr. Zudem schlagen sie nunmehr nur jede halbe statt jede Viertelstunde.
Der Beginn bleibt bei 7 Uhr an Werktagen und bei 8 Uhr an Sonntagen, sagt der Anwalt der Erzdiözese, Gerhard Lebitsch. Vereinbart worden sei eine Testphase bis September. „Wenn die Lösung von einer Seite nicht akzeptiert wird, kommt es im Oktober zum Prozess.“ Man sei dem Anrainer bereits entgegengekommen und habe den Glockenklang im Mai leiser gestellt. Mittels Hebekran sei das Schlagwerk geändert worden. Dazu seien extra Experten aus Tirol angereist.
Die Umstellung wurde durch Lärmmessungen flankiert: So wurden auf dem Vorplatz Spitzenpegel von bis zu 82 Dezibel gemessen, nach der Anpassung bis zu 73. „Das sind mitunter kuriose Wege. Wir probieren das jetzt aus und hoffen, dass durch die Reduktion Ruhe einkehrt“, sagt Dürlinger. Während der Stundenschlag abgespeckt werde, läuten die Glocken wie bisher um 7 Uhr früh, 12 Uhr mittags und 20 Uhr abends – und zu Gottesdiensten.
Nicht die erste Klage
Die vier Glocken wanderten 2020 während der Sanierung des Turms nach Tirol: Sie wurden von der Firma Grassmayr renoviert und unter anderem mit neuen Klöppeln versehen. Der Umstand, dass sie mehrere Jahre lang schwiegen, hätte eventuell auch Auswirkungen, käme es zum Prozess: „Man müsste darüber streiten, ob sich die örtlichen Verhältnisse geändert haben“, sagt Lebitsch. Lauter geworden sei das Schlagwerk durch die Sanierung nicht. „Aber die Klangfarbe hat sich sicher verändert.“ Die größte Glocke, die Christophorus-Glocke, ist nach dem Ton C gestimmt, die Josef-Glocke nach dem Es, die Maria-Glocke nach dem F und die Georg-Glocke nach dem As.
Anrainerbeschwerden aufgrund von Glockengeläut gebe es immer wieder. „Wir lösen das in der Regel von Mensch zu Mensch und nicht vor Gericht“, sagt Thomas Hödl, Sprecher der Erzdiözese Salzburg. In Oberösterreich scheiterte 2016 ein Nachbar des Linzer Doms vor dem Obersten Gerichtshof. Das Oberlandesgericht Nürnberg entschied vor Kurzem nach einer Anrainerklage im bayerischen Kelheim, dass das Geläut zumutbar sei.