Vier mutmaßliche IS-Sympathisanten sind am Donnerstag in Linz wegen Terroristischer Vereinigung und Krimineller Organisation schuldig gesprochen worden. Sie sollen in einer Chatgruppe einschlägiges Material geteilt und im Wohnzimmer eine Moschee mit IS-Dekor eingerichtet haben. Ein 16-Jähriger und ein 17-Jähriger fassten je sechs Monate bedingt aus, ein 19-Jähriger 13 Monate bedingt und eine Geldstrafe, seine vorbestrafte gleichaltrige Lebensgefährtin 24 Monate teilbedingt.
Die angeklagten Teenager sollen Teil einer im Herbst 2023 im Bezirk Linz-Land zerschlagenen zehnköpfigen radikalislamischen Gruppe gewesen sein. Die beiden Jüngeren distanzierten sich klar, der 19-Jährige fühlte sich eher missverstanden. Seine gleichaltrige Lebensgefährtin will in der Haft erkannt haben, dass sie am falschen Weg war.
Laut Anklage seien auf Social Media einschlägige Inhalte und IS-Propaganda geteilt worden, Tötungsvideos und Verehrung für den rechtskräftig zu 20 Jahren Haft verurteilten radikalislamischen Hassprediger Mirsad O. alias Ebu Tejma. Bei den Ermittlungen stellte sich heraus, dass in der Wohnung der beiden 19-Jährigen eine Moschee eingerichtet wurde, dekoriert mit einer IS-Flagge und ausgestattet mit einer Vielzahl von Büchern mit radikalislamischem Gedankengut, so der Staatsanwalt, „diese Wohnung sollte eine spezielle Moschee für Anhänger des IS werden“.
Zur Tötung Ungläubiger aufgerufen
Alle Angeklagten bekannten sich teilweise schuldig. Der 16-jährige Iraker gab zu, ein Video produziert zu haben, in dem eine Hinrichtung nachgestellt und als Warnung an Abtrünnige adressiert wurde. „Wir haben uns nichts dabei gedacht“, sagte er, es hätte „lustig“ sein sollen. Heute sehe er ein, dass das nicht harmlos sei. Der in Österreich geborene 17-Jährige, der Staatsangehöriger der Russischen Föderation ist, kann nicht erklären, warum er zum Beispiel Texte verschickt hat, in denen zur Tötung Ungläubiger aufgerufen wird. „Heute würde ich das nicht mehr tun“, beteuerte er. An der Einrichtung der Moschee will er nicht beteiligt gewesen sein, er habe nur beim Möbelpacken geholfen. Einem Deradikalisierungsprogramm würden beide zustimmen.
Auch das nach islamischem Recht verheiratete Paar, das einen Sohn hat, bekannte sich teilweise schuldig. „Meine Einstellung hat sich komplett geändert“, sagte der 19-jährige Kroate, der viele Vorwürfe als Missverständnisse hinstellte. Die Moschee sei nur ein Gebetsraum für ihn und seine Familie gewesen. Er habe einfach zu Hause das „Feeling“ haben wollen, in einer Moschee zu sein.
Auf den Vorhalt, dass er aus dem Urlaub in Deutschland einen Nasheed (religiöser Gesang, Anm.) mit dem Text „Wir werden Scharia nach Deutschland tragen. Mit Allahs Hilfe werden wir euer Land gewinnen“ gepostet habe, hinterlegt mit Gewehrsalven und mit Bildern seiner Frau, die einen Niqab und eine an eine Militärweste erinnernde Fischerweste trägt, meinte er sinngemäß, er habe den Text nicht gekannt und auch keine Assoziationen zum Kampf erzeugen wollen. Warum er nach Start der Ermittlungen seiner Frau geschrieben habe, sie solle alle Chats löschen? „Ich erinnere mich nicht.“
Radikal, weil sie „einfach dazugehören“ wollte
Die 19-jährige Konvertitin aus Österreich, die in U-Haft sitzt und einschlägig vorbestraft ist, erschien verschleiert und mit Baby im Gerichtssaal. Sie zeigte sich sehr religiös. „Wenn sich jemand für die christliche Religion interessiert, wird er ja auch nicht gleich anfangen mit Hexenverbrennungen und Massakern in Kreuzzügen“, sah der Richter darin keinen Grund für IS-Unterstützung. Die Angeklagte schilderte daraufhin, dass sie „keine Aufklärung über den Islam bekommen“ habe und nach ihrem Übertritt einfach dazugehören wollte. In der Justizanstalt kam sie in Kontakt mit dem Verein Derad. „Derad hat mich über Sachen aufgeklärt, die ich nicht gewusst habe“, das „hat mir gezeigt, wie blöd ich war“, sagte sie.
Sie gab zu, die gefundene IS-Flagge gemalt zu haben, an der Einrichtung der Moschee sei sie aber nicht beteiligt gewesen, da war sie im Spital. Sie habe aber einen ruhigen Gebetsraum haben wollen, weil sie nach der Entbindung nicht bis in die Moschee gehen konnte. Warum sie ihren Mann ermahnt habe, gut über Ebu Tejma zu denken? Man solle allgemein gut über Menschen denken, habe sie damit gemeint. Dass sie zu Spenden für die Witwen von IS-Kriegern aufgerufen habe, sei ein Fehler gewesen.
Drei Angeklagte zeigten sich einsichtig
Der Staatsanwalt sah bei dem 16- und dem 17-Jährigen Einsicht, bei der 19-Jährigen im Gegensatz zu ihrem Lebensgefährten auch. Bei ihr werde es wegen ihrer einschlägigen Vorstrafe und des raschen Rückfalls aber nicht ohne unbedingte Strafe gehen. Die Verteidiger forderten Freisprüche für mehrere Fakten der Anklage und ansonsten milde Urteile.
Dem 16- und dem 17-Jährigen drohten als Jugendliche Freiheitsstrafen von jeweils bis zu fünf Jahren, sie bekamen aufgrund ihrer Unbescholtenheit und ihrer Reumütigkeit sechs Monate bedingt. Den 19-Jährigen drohten ein bis zehn Jahre. Der Mann erhielt zusätzlich zur bedingten Haftstrafe von 13 Monaten eine Geldstrafe von 120 Tagessätzen à 20 Euro, seiner Lebensgefährtin wurden von 24 Monaten Haft 16 bedingt nachgesehen. Alle vier müssen an einem Deradikalisierungsprogramm teilnehmen, die beiden 19-Jährigen zudem Bewährungshilfe in Anspruch nehmen.
Die drei männlichen Angeklagten nahmen die Urteile an. Die angeklagte Frau und die Staatsanwaltschaft gaben keine Erklärung ab. Das Urteil ist damit nicht rechtskräftig. Die 19-Jährige, die zuletzt in Untersuchungshaft war, wird enthaftet.