Es ist nicht der erste Bauskandal am Michaelerplatz: 1909 erhielt der Wiener Architekt Adolf Loos den Auftrag zur Errichtung eines Geschäftsgebäudes im Herzen der Stadt – und direkt vor den Fenstern des Kaisers Franz Joseph. Dieser empörte sich angeblich so sehr über das „scheußliche Haus“, dass er die Fenster der Hofburg mit Blick auf den Michaelerplatz verhängen ließ. Der Kaiser hätte wohl auch wenig Freude mit dem „Hollein-Auge“ gehabt, einer Entscheidung von Wiens ehemaligen Bürgermeister Helmut Zilk (SPÖ). Seit den frühen 90er-Jahren werden die Reste römischer Bauten in einer ovalen Granitfassung ausgestellt – und dem Wetter ausgesetzt.
2018 bildete sich um Pater Erhard Rauch, Florian Jonak, Wolfgang Spitzy und Reinhold Sahl die Initiative „michaelerplatz PLUS“, die sich für eine Umgestaltung des Platzes einsetzte. Die Ziele: Verkehrsberuhigung, mehr Aufenthaltsqualität und eine bessere Fiaker-Situation. Ideen für den Platz wurden – kurz nach Fertigstellung der Herrengasse, mit finanzieller Unterstützung durch Spitzy – medienwirksam gesammelt. Die Initiative regte eine Public-private-Partnership (PPP) für den Michaelerplatz vor. Bei einer PPP übernehmen Private und die öffentliche Hand gemeinsam die Finanzierung für eine Umgestaltung. Gerade in der Inneren Stadt gab es in den vergangenen Jahren eine Reihe an PPPs. Diese soll es aber nach Fertigstellung des Michaelerplatzes nicht mehr geben – die Stadt möchte sich nicht von Privaten vorschreiben lassen, welche Orte man attraktivere, berichtete damals der „Standard“.
Viele Beschwerden über Kopfsteinpflaster
Doch auch den Bezirksvorsteher der Inneren Stadt, Markus Figl (ÖVP), erreichten über die Jahre hinweg einige Klagen über den Michaelerplatz: „Für uns als Bezirk war es dringend notwendig, dass hier etwas geschieht“, sagt er im Gespräch mit der Kleinen Zeitung. Radfahrer, Eltern mit Kinderwägen, Rollstuhlfahrer und Menschen, die auf einen Rollator angewiesen sind, hatten mit dem kaputten Kopfsteinpflaster zu kämpfen. Im groben Kopfsteinpflaster sammelte sich im Sommer oft der Urin der Fiakerpferde. Und: Die fehlende Begrünung und Schattenplätze sorgten im Sommer für sengende Hitze am Platz.
Eine lange Liste an Leiden, die mit dem Start des Umbaus Geschichte sein sollen. Der Michaelerplatz soll bis Ende 2024 neun Bäume, Pflanzenbeete und ein Wasserspiel mit 52 Bodendrüsen bekommen. So soll der Platz „klimafit“ werden. Sitzgelegenheiten und ein Trinkbrunnen sollen die Umgestaltung abrunden.
Problemzone „Hollein-Auge“
Einfach war die Planung für die Umgestaltung nicht, es wurde eng mit dem Denkmalschutz zusammengearbeitet, nicht zuletzt wegen des „Hollein-Auge“ in der Mitte des Platzes. „Die denkmalgeschützte Gestaltung des Michaelerplatzes durch Architekt Hans Hollein wurde 1992 als politische Initiative vom damaligen Bürgermeister Helmut Zilk zur Attraktivierung und Belebung der Wiener Innenstadt vorgenommen“, so Wolfgang Salcher, Landeskonservator für Wien in einer Aussendung. Sprich: Die Ausgrabungen bleiben, werden aber nicht mit Bäumen, sondern Gräsern bepflanzt. Eine weitere Hürde bei der Planung war eine Wölbung unter dem Michaelerplatz, von der keiner wusste.
Wer an Wien denkt, denkt unweigerlich auch an die Fiaker. 13 durften bis dato auf dem Platz auf Kundschaft warten, künftig werden es nur mehr vier sein. Die übrigen werden in die angrenzende Schauflergasse umgesiedelt. Eine eigene Abwasservorrichtung soll verhindern, dass die Ausscheidungen der Pferde Richtung Kohlmarkt und Loos Haus rinnen. So will die Stadt dem Gestank im Sommer vorbeugen.
An Kritik am Umbau des Platzes wird nicht gespart. Es wird um das historische und architektonische Erscheinungsbild gefürchtet. Zu den Kritikern gehören der Denkmalbeirat, der Künstler Erwin Wurm, die Österreichische Gesellschaft für Architektur, die einen Offenen Brief mit mehr als hundert Unterschriften veröffentlichte.