Der Vater jenes Kindes, das von seiner Mutter im Waldviertel in eine Hundebox gesperrt und gequält worden sein soll, ortet Behördenfehler. Er habe zu spät von den Vorfällen und vom Zustand seines Sohnes erfahren, kritisierte der Mann am Dienstag im Interview mit ORF NÖ. Von Problemen war der Vater dem Bericht zufolge erstmals sechs Tage, bevor der damals Zwölfjährige in lebensbedrohlichem Zustand ins Spital gebracht wurde, durch die Schule informiert worden.
Bub war „sozial isoliert“
Zuvor habe er seinen Sohn etwa ein halbes Jahr nicht gesehen, weil ihn die Mutter "sozial isoliert" habe, sagte der Vater. Der Bub habe 2022 fast 30 Kilo abgenommen. Von zwei Gefährdungsmeldungen bei der Kinder- und Jugendhilfe - eine vonseiten der Schule und eine aus dem Spital - habe der Mann lange Zeit nichts erfahren, bis sich die Vertrauenslehrerin seines Sohnes meldete. Er sei informiert worden, dass sein Kind "viel Gewicht verloren hat, viele Fehlzeiten in der Schule hat und die Mutter umziehen will".
Der Vater habe die Behörde in Folge darauf hingewiesen, dass ihn sein Sohn laut Schule wieder sehen wolle, berichtete der ORF. Der Sozialarbeiter habe erwidert, dass der Kindesmutter aufgetragen worden sei, mit ihrem früheren Partner den Kontakt zu suchen, was allerdings nicht erfolgt sei. Auf die Frage des Vaters, "warum da keiner nachfragt", habe er die Antwort bekommen, sie hätten geglaubt, "dass wir uns eh alles ausgemacht haben, weil wir ja eine gemeinsame Obsorge hatten".
Unverständliche Reaktion auf Meldungen
Die Behörde soll damals in einem Gesprächsprotokoll selbst festgehalten haben, dass eine persönliche Kontaktaufnahme mit beiden Erziehungsberechtigten notwendig sei. Auch der Vater hätte damals sofort mehr unternehmen können, aber er habe "auch nicht gewusst, dass es so bedrohlich ist", sagte er im Interview. Unverständlich ist für ihn die Reaktion der zuständigen Sozialarbeiter auf die Gefährdungsmeldungen.
Sein Sohn habe sich vom Martyrium mittlerweile etwas erholt, berichtete der Vater: "Er wird damit leben können oder er wird lernen müssen, damit zu leben. Aber wir sind auf einem guten Weg, und man sieht von Monat zu Monat, dass es besser wird und dass er auch wieder mehr Selbstvertrauen bekommt."
Opferanwalt Timo Ruisinger hat am Montag Amtshaftungsansprüche gegen das Land Niederösterreich außergerichtlich geltend gemacht. Gefordert werden in einem Schreiben 150.000 Euro Schmerzengeld und eine Haftung für sämtliche zukünftige Schäden des Buben. Begründet wird dies damit, dass die betreffenden Mitarbeiter der Bezirkshauptmannschaft Waidhofen a.d. Thaya "völlig unzureichend, somit rechtswidrig und schuldhaft auf die dramatische und lebensgefährliche Situation" des Kindes reagiert hätten. Eine nochmalige interne Prüfung des Falls seitens des Landes befindet sich indes "in Finalisierung", hieß es zu Wochenbeginn aus dem Büro von Landesrätin Ulrike Königsberger-Ludwig (SPÖ).
Geschlagen, gefesselt, geknebelt und eingesperrt
Die Mutter soll ihren Sohn geschlagen, gefesselt, geknebelt und ihn wiederholt über Stunden in eine Hundebox eingesperrt haben. Am 22. November 2022 hatte sich das Kind in akut lebensbedrohlichem Zustand befunden. Der Zwölfjährige überlebte wegen des Einschreitens einer Sozialarbeiterin, die der Familie aufgrund einer Beratung bekannt war.
Die 33-Jährige hatte in einem Geschworenenprozess Ende Februar in Krems wegen versuchten Mordes, Quälens oder Vernachlässigens unmündiger, jüngerer oder wehrloser Personen sowie wegen Freiheitsentziehung 20 Jahre Haft erhalten. Ihre ehemalige Freundin fasste wegen fortgesetzter Gewaltausübung als Beitrags- oder Bestimmungstäterin 14 Jahre aus. In beiden Fällen wurde zudem die Unterbringung in einem forensisch-therapeutischen Zentrum ausgesprochen. Beide Urteile sind nicht rechtskräftig, weil die Verteidiger Rechtsmittel eingebracht haben.