„Warum ich das gemacht habe, kann ich mir nicht erklären“, sagte der 53-jährige Somalier, der am Mittwoch am Landesgericht Salzburg wegen versuchten Mordes zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 20 Jahren verurteilt wurde (noch nicht rechtskräftig). Mit „das“ meint der Verurteilte jene brutale Messerattacke vom Morgen des 6. Oktobers vergangenen Jahres, die seine Ehefrau beinahe getötet hätte. Zumindest 13-mal stach der Familienvater auf offener Straße auf das Opfer mit einem Küchenmesser ein.
Die Frau erlitt eine lebensbedrohliche Stichverletzung. Wäre eine mutige Zeugin nicht eingeschritten und die Polizei nicht zufällig gleich zur Stelle gewesen, wäre die Mutter von neun Kindern jetzt nicht mehr am Leben, betonte Staatsanwältin Ricarda Eder. Der Beschuldigte gestand die Tat, sein Anwalt ortete aber einen versuchten Totschlag.
Das Urteil ist deshalb nicht rechtskräftig, weil der Verteidiger des Angeklagten Rechtsmittel angemeldet und die Staatsanwältin keine Erklärung abgegeben hat. Der Wahrspruch der Geschworenen ist mit 8:0 einstimmig gefällt worden.
Staatsanwältin sprach von „versuchtem Femizid“
Staatsanwältin Ricarda Eder hat am ersten Prozesstag im Februar von einer Beziehungstat gesprochen, von einem „versuchten Femizid“. Das Opfer habe sich im Juni 2023 eine Trennung gewünscht, doch aufgrund fehlender Akzeptanz des Angeklagten habe dieser Wunsch schließlich in einem Blutbad geendet. Die von ihm getrennt lebende Mutter der gemeinsamen neun Kinder begleitete gerade zwei ihrer Sprösslinge zu einer Kinderbetreuungsstätte.
Die Ermittlungen haben ergeben, dass der bisher unbescholtene Somalier seine 43-jährige Frau in der Früh auf dem Weg zur Kinderbetreuungsstätte zunächst überreden wollte, wieder in die gemeinsame Wohnung zurückkehren zu dürfen. Es bestand zu diesem Zeitpunkt bereits ein aufrechtes Betretungs- und Annäherungsverbot gegen ihn, weil er seine Frau im September 2023 körperlich attackiert und dann in weiterer Folge noch am Telefon gefährlich bedroht und genötigt haben soll.
Als die Frau seiner Forderung nach einer Rückkehr in die Wohnung am 6. Oktober nicht zustimmte, zog der Mann auf dem Gehsteig neben einer stark frequentierten Straße vor der Kinderbetreuungsstätte das Messer mit einer Klingenlänge von sechs Zentimetern aus der Hosentasche und stach ihr in den Bauch, in die Brust, ins Gesicht und in die Arme. Der Angeklagte habe beschlossen, sie zu töten, „eine Spontanentscheidung ist ausgeschlossen“. Ein psychiatrisches Gutachten attestierte dem 53-Jährigen zur Tatzeit eine eingeschränkte Zurechnungsfähigkeit.
„Mir ging es nur um meine Kinder“
Der seit 2012 in Salzburg lebende Beschuldigte, der seit 19 Jahren mit dem Opfer verheiratet ist, bestritt bei dem Prozess allerdings einen Tötungsvorsatz. „Ich gebe zu, dass ich die Tat begangen habe. Bis heute weiß ich nicht, wo genau ich sie gestochen habe“, sagte er zur vorsitzenden Richterin Ilona Schalwich-Mózes. „Mir ging es nur um meine Kinder. Ich wollte nach Hause zurückkehren.“
Der Angeklagte habe sich in einer Lebenskrise befunden, sagte sein Verteidiger Christoph Hirsch. „Er war ohne Job, die Frau hat über seine Kinder verfügt und er hatte keinen fixen Ort zum Schlafen.“ Der Mann sei seinem Wunsch nachgejagt, das alles wieder zu richten. Die Tat sei in einer allgemein begreiflichen, heftigen Gemütsbewegung erfolgt, es handle sich nicht um einen versuchten Mord, sondern um einen versuchten Totschlag. Die Tat sei in einer emotionalen Ausnahmesituation, in einer Art Blutrausch begangen worden. Was die Vorfälle vor der Messerattacke betreffe, so bekenne sich der Angeklagte wegen fahrlässiger Körperverletzung, nicht aber wegen einer gefährlichen Drohung und schweren Nötigung für schuldig.