Der Prozess rund um ein Baukartell im Burgenland ist am Dienstag - zwei Tage früher als geplant - mit sieben Schuldsprüchen zu Ende gegangen. Die sieben Unternehmer wurden jeweils zu Geldstrafen von 4800 bis 75.000 Euro verurteilt. Ein Angeklagter erhielt eine Diversion. Die fünf beteiligten Firmen müssen Verbandsgeldbußen von bis zu 29.200 Euro zahlen.

Die noch nicht rechtskräftig verurteilten Unternehmer, die sich allesamt geständig zeigten, hatten in unterschiedlichen Konstellationen bei insgesamt 83 Vergabeverfahren zugunsten der Teerag-Asadag höhere Angebote vorgelegt. Die ausgeschriebenen Arbeiten konnten und wollten sie großteils gar nicht durchführen, ihnen sei es nur darum gegangen, ein Angebot abzugeben, um auch in Zukunft wieder von den Auftraggebern zur Angebotslegung eingeladen zu werden, sagten die Männer vor Gericht.

Dass die Angeklagten weder finanziell davon profitiert noch die Auftraggeber geschädigt haben, sei bei der Festlegung der Strafen mildernd berücksichtigt worden, erläuterte Richterin Birgit Falb. Es handle sich aus ihrer Sicht um „moderate Strafen“, die je nach Einkommen unterschiedlich hoch ausfallen - von 4800 über 28.800, 36.000 bis hin zu 75.000 Euro. Ein Angeklagter, dem weniger als zehn Fälle vorgeworfen wurden, erhielt eine Diversion. Bei den anderen sei das angesichts der Vielzahl an Fällen und zum Zweck der Generalprävention nicht möglich gewesen, so Falb. Der Gewerbeverlust wird bei allen unter einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen.

Richterin Birgit Falb: „Generalprävention“
Richterin Birgit Falb: „Generalprävention“ © APA / Robert Jaeger

Vergleichsweise „kleine Fische“

Die Verbandsgeldbußen für die fünf Unternehmen variieren von 3000 bis 29.200 Euro. Auch diese seien mild bemessen, „weil ich dem Rechnung tragen will, mit welchen Problemen Sie sich derzeit herumschlagen in der Baubranche“, betonte Falb. Die Männer hatten im Verfahren zuvor für eine Diversion plädiert und sich als vergleichsweise „kleine Fische“ im großen Verfahren der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) zu wettbewerbsbeschränkenden Absprachen vor allem im Hoch-, Tief- und Straßenbau bezeichnet.

Konkret sollen die Unternehmer, von denen zwei mittlerweile in Pension sind, fertig kalkulierte Alternativangebote vom Mitbewerber zugestellt bekommen und diese im Vergabeverfahren abgegeben haben. Betroffen waren großteils Projekte von Gemeinnützigen Siedlungsgenossenschaften, aber auch von Städten, Gemeinden sowie privaten Auftraggebern zwischen 2012 und 2017.

Gesamtschaden zwischen 10 und 17 Milliarden Euro?

Während der Prozesstag zum kleineren Kartell-Aspekt in Eisenstadt zu Ende ging, war bezogen aufs gesamte, große Baukartell in Österreich die Rede von einem Gesamtschaden zwischen 10 und 17 Milliarden Euro im Kartell-Zeitraum 2002 bis 2017. Ein Gutachten, das der Anwalt Michael Brand, der dutzende Gemeinden, Wohnbauträger und private Firmen vertritt, bestellt hat, werde die exakte Schadenssumme noch vor Ostern darstellen. Nach den Feiertagen würden erste Schadenersatzklagen eingebracht, kündigt der Anwalt an.

Die Schätzung zum extrem hohen Schaden kommt unter Bedachtnahme internationaler Studien zustande, die besagen, dass sich Kartelle für die Teilnehmer nur auszahlten, wenn sich die Einnahmen für die Firmen um auf 15 bis 20 Prozent erhöhen. Mit insgesamt etwa 40 beteiligten Firmen kommt man auf die zehn bis 17 Milliarden. Euro. „Das halte ich für durchaus realistisch“, sagt Brand.

Verdächtige Notizen im roten Ordner

Aufgeflogen ist das Kartell 2016, als bei der Kärntner Baufirma Kostmann ein roter Ordner gefunden wurde. Dortige Aufzeichnungen führten bisher zu Kartellstrafen in der Gesamthöhe von rund 180 Millionen Euro gegen Strabag, Habau, Swietelsky, Porr, Brüder Haider und Granit. „In diesem Ordner befanden sich vor allem handschriftliche Notizen mit einem schwer verständlichen Punktesystem“, erläutert die Chefin der Bundeswettbewerbsbehörde (BWB), Natalie Harsdorf-Borsch. Die Ermittler hätten die eigene Sprache der Baufirmen für die kriminellen Machenschaften „erst lernen“ müssen. Wenn von „Enten“ die Rede war, so handelte es sich dabei etwa um zu teure Scheinangebote. Das komplexe System verklausulierte auch, wer welche Ausschreibung gewinnen soll. Hier können Sie das Ö1-Interview nachhören.

Einige Verfahrensstränge wurden bereits in Klagenfurt, Graz und Eisenstadt abgeschlossen. Die Verfahren gegen 597 Beschuldigte wurden großteils mittels Diversionen und - zumindest teilweisen - Einstellungen erledigt.