Wer die U-Bahn in Wien benützt, mag es angesichts der nahezu ausschließlich angestrengt in ihre Handys vertieften Menschen kaum glauben: Aber unter Österreichs Jugend ist die Social-Media-Nutzung offenbar rückläufig. Das ergab zumindest der Jugend-Internet-Monitor 2024 der EU-Initiative Saferinternet.at, der am Dienstag veröffentlicht wurde. Befragt wurden 400 Kinder und Jugendliche von elf bis 17 Jahren in Österreich.
Vor allem WhatsApp und YouTube haben massiv an Userinnen und Usern verloren. Deutliche Zugewinne verzeichnete einzig die Instant-Foto-App BeReal. Dennoch meinte Jugendstaatssekretärin Claudia Plakolm (ÖVP), deren Staatssekretariat im Bundeskanzleramt die vom Institut für Jugendkulturforschung durchgeführte Erhebung unterstützt hat: "Die Studie zeigt einmal mehr, dass soziale Medien ein bedeutender Teil des Lebens junger Menschen sind. Gerade deswegen ist es uns wichtig, auch aufzuzeigen, dass soziale Medien nicht immer die Realität abbilden."
WhatsApp nach wie vor Spitzenreiter
Die Nummer eins der beliebtesten Internetplattformen österreichischer Jugendlicher ist auch in diesem Jahr WhatsApp: Drei von vier Jugendlichen gaben an, sie zu benutzen, von diesen gehen 77 Prozent täglich auf WhatsApp. Knapp dahinter folgten mit 71 Prozent Nutzung, davon 68 Prozent täglich, Instagram und YouTube mit 70 Prozent Verwendung, davon jeder zweite täglich. Allerdings gab es vor allem bei WhatsApp mit minus 20 Prozentpunkten und YouTube mit minus 24 Prozentpunkten massive Rückgänge.
Durch die Vielzahl an Plattformen mit teilweise sehr ähnlichen Funktionen verlieren etablierte soziale Netzwerke bei den elf- bis 17-Jährigen zunehmend an Bedeutung, so Saferinternet.at. So findet die Kommunikation zwischen Jugendlichen längst auch über andere Kanäle als WhatsApp statt. Vor allem bei den Jüngeren verliert YouTube immer mehr an Relevanz, da inzwischen alle großen Netzwerke auf die Einbindung von Videos setzen. Möglicherweise spielt auch die zunehmende Nutzung etablierter Plattformen durch die eigenen Eltern bzw. Großeltern eine Rolle, vermuten die Experten. Um sich abzugrenzen, würden Jugendliche verstärkt von großen Diensten abwandern und sich neueren Plattformen zuwenden, auf denen sie sich noch ungestört fühlen.
TikTok nicht auf dem Podest
Auf Platz vier des diesjährigen Jugend-Internet-Monitors landete TikTok: Die Video-App konnte mit 65 Prozent Verwendung insgesamt, davon 72 Prozent täglich, erstmals Snapchat (61 Prozent insgesamt, davon 72 Prozent täglich) überholen. Die Foto-Sharing-App Snapchat hatte dabei im Jahresvergleich mit minus acht Prozentpunkten den drittstärksten Verlust zu verzeichnen.
Die digitale Pinnwand Pinterest ist mit einer Nutzung von insgesamt 42 Prozent weiter in den Top Sechs vertreten. BeReal legte dieses Jahr weiter zu und landete mit dem größten Zuwachs von plus 13 Prozentpunkten nun auf Platz acht (Verwendung insgesamt: 31 Prozent). Zulegen konnte auch X (vormals Twitter) mit plus sechs Prozentpunkten (Nutzung insgesamt: 24 Prozent). Telegram landete mit einem Anteil von 18 Prozent Verwendung auf Platz 14.
Geschlechterunterschiede bei Social Media und Gaming
Große Unterschiede gab es bei der Nutzung von Social Media bei den Geschlechtern. So ist WhatsApp bei den Mädchen mit 89 Prozent Userinnen deutlich beliebter als bei den Burschen (65 Prozent). Ähnliches gilt für Pinterest (Mädchen: 53 Prozent, Buben: 31 Prozent), Snapchat (Mädchen: 72 Prozent, Burschen: 52 Prozent), Instagram (Mädchen: 79 Prozent, Buben: 63 Prozent) und YouTube (Mädchen: 76 Prozent, Buben 65 Prozent).
Im Gegensatz dazu werden die aus dem Gaming-Bereich stammenden Plattformen Discord (Mädchen: 13 Prozent, Burschen: 48 Prozent) und Twitch (Mädchen: sieben Prozent, Buben 39 Prozent) weiterhin von wesentlich mehr männlichen Jugendlichen verwendet. Auch X (Mädchen: elf Prozent, Buben 35 Prozent) sowie die Messenger-Dienste Telegram (Mädchen: zehn Prozent, Burschen 25 Prozent) und Signal (Mädchen: elf Prozent, Buben 26 Prozent) sind bei männlichen Jugendlichen beliebter.
Regelmäßige Nutzung von ChatGPT
Auch die Nutzung des Chatbots ChatGPT wurde abgefragt. Dabei zeigte sich, dass 71 Prozent der befragten Jugendlichen dieses Tool zumindest schon einmal in Gebrauch hatten, vor allem männliche Jugendliche (78 Prozent). Auffallend ist, dass es keinen Unterschied zwischen der Altersgruppe der Elf- bis 14-Jährigen (70 Prozent) und der 15- bis 17-Jährigen (71 Prozent) gibt. Genutzt wird ChatGPT vorrangig direkt auf der Plattform OpenAI (81 Prozent), gefolgt vom Snapchat-Chatbot My AI (28 Prozent). Nur acht Prozent verwenden ChatGPT über Microsofts Suchmaschine Bing. Geschlechterspezifische Unterschiede gibt es vor allem beim Chatbot My AI, der hauptsächlich von weiblichen Jugendlichen (41 Prozent, Buben: 19 Prozent) gebraucht wird.