Ein Schritt über die Grenze reicht. Und aus einer Straftat wird eine legale Angelegenheit. Die deutsche Bundesregierung – bestehend aus SPD, Grünen und FDP – will im Nachgang einer Sitzungsserie diese Woche, wie berichtet, unter bestimmten Auflagen die begrenzte Ausgabe von 25 Gramm Cannabis sowie den Anbau von bis zu drei Cannabispflanzen beschließen. In Kraft treten soll das neue Gesetz ab 1. April. Man verspricht sich, den Konsum der Droge sicherer zu machen, Justiz und Polizei zu entlasten und einen besseren Schutz der Jugendlichen.
ÖVP und CDU äußern scharfe Kritik
Gänzlich anders sieht man das hingegen bei den Volksparteien ÖVP und CSU. Beide warnen vor den Folgen der Gesetzesnovelle, insbesondere im deutsch-österreichischen Grenzbereich. Man befürchtet massive, negative Auswirkungen auf den Jugend- und Gesundheitsschutz sowie die Sicherheit auf den Straßen.
Der oberösterreichische VP- Landesgeschäftsführer, Florian Hiegelsberger, und der stellvertretende Kreisvorsitzende der CSU Passau-Land, Stephan Dorn, verliehen diesen Befürchtungen anlässlich einer gemeinsamen Pressekonferenz heute Mittwoch Ausdruck. „Die Verharmlosung und der fahrlässige Umgang mit Cannabis ist ein fataler Schritt“, sagt Hiegelsberger gegenüber den „Oberösterreichischen Nachrichten“. Vor dem Hintergrund, dass die Anzeigen wegen Drogendelikten in Oberösterreich steigen, sieht Hiegelsberger mit der Einstiegssubstanz Cannabis „Tür und Tor für weitere harte Drogen geöffnet“.
Der VP-Landesgeschäftsführer warnt vor einem „Drogentourismus“. Die deutschen Cannabis-Lockerungen werden nämlich auch für Bürger aus Österreich gelten, die in Deutschland einen Wohnsitz oder einen „gewöhnlichen Aufenthalt“ haben. Das bedeutet, dass zwar keine österreichischen Tagespendler Zugang zum deutschen Cannabis-Markt haben werden, sehr wohl aber Personen wie Wochenpendler, Montage-Beschäftigte oder Studenten. Ab dem 18. Lebensjahr soll das Mitführen von 25 Gramm Cannabis zum Eigenkonsum erlaubt sein. Nach Einschätzungen der Deutschen Kriminalpolizei entspricht das einer Menge für rund 75 Joints. „Der deutsche Weg dämmt den Konsum nicht ein, sondern wird ihn erhöhen“, sagt Hiegelsberger, der von der grünen Justizministerin Alma Zadic und ihrem Parteikollegen, Gesundheitsminister Johannes Rauch, klare Antworten auf die Lockerungen der deutschen Regierung fordert. „Es müssen alle rechtlichen Möglichkeiten auf bilateraler und EU-Ebene geprüft und ausgeschöpft werden, um gegen die absehbar negativen Auswirkungen auf Österreich vorgehen zu können.“
Harte Kritik an der deutschen Regierung übt auch Stephan Dorn, der neben seiner Funktion als stellvertretender CSU-Kreisvorsitzender auch Bürgermeister des Grenzorts Neuhaus am Inn ist. Die Regierung betreibe „reine Klientelpolitik“, so Dorn. Es sei ein Mythos, dass der Schwarzmarkt durch die Legalisierung ausgetrocknet und der Jugendschutz verbessert werde. „Das Gegenteil ist der Fall. Es entsteht eine zusätzliche, legale Bezugsquelle Und die negativen Folgen werden nicht an der Grenze haltmachen“, sagt Dorn.
Man kämpfe Seite an Seite, sagt Hiegelsberger. „Passau darf nicht Amsterdam werden“, sagt der VP-Landesgeschäftsführer. Die niederländische Hauptstadt gilt aufgrund der großzügigen Drogenpolitik europaweit seit vielen Jahren als beliebtes Ausflugsziel für Cannabis-Konsumenten. Die Entwicklung in den kommenden Jahren wird zeigen, ob das zukünftig auch für den großen österreichischen Nachbarn gelten wird.
Valentin Berghammer, Oberösterreichische Nachrichten