Ab 8. April wird am Wiener Landesgericht wegen Mordes gegen vier aus Algerien stammende Männer verhandelt, die in der Nacht auf den 20. April 2023 einen 31-jährigen Landsmann an der U-Bahnstation Jägerstraße in der Brigittenau mit einer 70 Zentimeter langen Machete und mehreren Messern vorsätzlich getötet haben sollen. Der Anklage zufolge wurde Hamlaoui D. nach vorangegangenen Streitereien gezielt in eine tödliche Falle gelockt und regelrecht hingerichtet.
Die vier Angeklagten im Alter von 21, 22, 25 und 29 Jahren kannten das Opfer seit längerem. Sie stammten allesamt aus Constantine, mit knapp 450.000 Einwohnern die drittgrößte Stadt Algeriens, und hatten mangels beruflicher Perspektiven ihre Heimat Richtung Europa verlassen. Der seit längerem in Wien lebende Hamlaoui D. war laut Anklageschrift, die der APA vorliegt, in eine Länder übergreifende Suchtgiftorganisation eingebunden, drei Angeklagte sollen für ihn in der Bundeshauptstadt als so genannte Streetrunner gearbeitet und Drogen verkauft haben. Bei der Abrechnung - die Straßenverkäufer wurden anteilig nach ihren Verkaufserlösen bezahlt - soll es zu Unstimmigkeiten gekommen sein, die Angeklagten - vor allem der 22-Jährige - fühlten sich von Hamlaoui D. übers Ohr gehauen.
Bereits am Nachmittag des 19. April 2023 soll der 22-Jährige mit Hamlaoui D. am Brigittaplatz zusammengetroffen sein und sich mit diesem eine Auseinandersetzung geliefert haben. Da das spätere Opfer mehrere Bekannte an seiner Seite hatte, musste der 22-Jährige flüchten. Er verabredete sich in weiterer Folge - erzürnt über die Vorgänge - mit den drei weiteren Angeklagten in einer Wohnung im dritten Bezirk. Dort wurden die anhaltenden Schwierigkeiten mit Hamlaoui D. besprochen, und der Anklageschrift zufolge „kamen die vier Angeklagten überein, ihre Probleme mit Hamlaoui D. endgültig gewaltsam zu lösen“.
Die vier Männer besorgten sich zunächst Waffen, und zwei von ihnen begaben sich zur Wohnung des späteren Opfers, wo es vor dem Wohnhaus zu neuerlichen Streitigkeiten mit dem 31-Jährigen und mehreren Freunden des Mannes kam. Weil die zwei Angeklagten in der Unterzahl waren, entfernten sie sich kurz und telefonierten mit den beiden anderen, die dann zur Verstärkung anrückten, wobei man als Treffpunkt die U-Bahn-Station Jägerstraße vereinbarte. „Spätestens zu diesem Zeitpunkt fassten alle Angeklagten den gemeinsamen Entschluss, Hamlaoui D. zu töten“, schreibt die zuständige Staatsanwältin in ihrer Anklage.
Der 22-Jährige, der mit einer Machete bewaffnet war, soll dann Hamlaoui D. angerufen und zu der U6-Station gelockt haben. Als der 31-Jährige auftauchte, soll der 22-Jährige sofort mit der Machete auf diesen losgegangen sein und ihm einen Schlag gegen den Kopf versetzt haben. Die drei weiteren Angeklagten attackierten das Opfer laut Anklage mit bis zu 40 Zentimetern langen Messern.
Hamlaoui D. gelang es zunächst, Richtung U-Bahn-Ausgang zu fliehen. Er wurde jedoch laut Anklage vom 22-Jährigen eingeholt, und nachdem er einen weiteren Hieb mit der Machete kassiert hatte, brach er zusammen. Sodann kesselten die vier Männer das Opfer ein, besprühten den wehrlosen 31-Jährigen mit Pfefferspray, um ihn endgültig handlungsunfähig zu machen, und gingen der Anklage zufolge mit ihren Waffen auf eine Art und Weise auf den am Boden Liegenden vor, die einer Hinrichtung gleichkommt. Die dem Mann zugefügten Hieb-, Schnitt- und Stichwunden sind in der Anklage detailliert aufgelistet und erstrecken sich über mehr als eine DIN A4-Seite.
Nach vollbrachter Tat flüchteten die Männer in unterschiedliche Richtungen. Die von Zeugen alarmierte Polizei leitete eine Sofortfahndung ein, der 25-jährige Angeklagte sprang angesichts der Polizeibeamten in den Donaukanal, konnte aus dem Wasser gefischt und festgenommen werden. Den drei anderen Angeklagten gelang die Flucht nach Frankreich, wo der 22-Jährige am 22. Juni, der 29-Jährige am 29. Juni und der 21-Jährige am 5. Oktober mit Europäischem Haftbefehl festgenommen und in weiterer Folge an Österreich ausgeliefert wurden. Seither sitzen sie in der Justizanstalt Josefstadt in U-Haft.
Im Ermittlungsverfahren hat sich der 22-Jährige zu den ihm vorgeworfenen Tathandlungen grundsätzlich geständig gezeigt, wobei er behauptet, unter dem Einfluss von Tabletten gestanden zu sein. Außerdem sei Hamlaoui D. bewaffnet gewesen. Er sei während der Tat „außer sich“ gewesen und habe „blind vor Wut“ mit der Machete auf das Opfer eingeschlagen. Außer ihm habe niemand den 31-Jährigen verletzt.
Die solcherart in Schutz genommenen drei Mitangeklagten waren bisher nicht geständig und beschuldigten einander gegenseitig, wobei sie bestrebt waren, ihre eigenen Rollen hinunterzuspielen. Der 25-Jährige behauptet, er habe mit der Sache gar nichts zu tun und habe sich zufällig am Tatort befunden.
Zur auf vier Tage anberaumten Verhandlung sind zwei Sachverständige und vorerst neun Zeuginnen und Zeugen geladen. Die Urteile sind für den 20. März geplant. Den Angeklagten drohen zehn bis 20 Jahre oder lebenslange Haft.