Die Staatsanwaltschaft Krems hat gegen die vor einer Woche ausgesprochene bedingte Entlassung aus dem Maßnahmen- in den Normalvollzug für den im Inzestfall von Amstetten zu lebenslang verurteilten und in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher eingewiesenen Josef F. Beschwerde eingebracht. Der Akt wandert nun zum Oberlandesgericht (OLG) Wien zur Entscheidung, bestätigte der Sprecher des Landesgerichts Krems, Ferdinand Schuster, am Donnerstag einen Bericht des ORF NÖ.
Die in der Vorwoche von einem Dreiersenat ausgesprochene und nicht rechtskräftige Verlegung des 88-Jährigen in den Normalvollzug war auf zehn Jahre bedingt. Nachweisen muss Josef F. laut der Entscheidung regelmäßige Psychotherapie sowie psychiatrische Untersuchungen. Bei der nicht öffentlichen, aber von großem Medieninteresse begleiteten Anhörung am vergangenen Donnerstag war kein Vertreter der Staatsanwaltschaft anwesend gewesen. Bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung bleibt Josef F. jedenfalls im Maßnahmenvollzug.
Fall wurde 2008 bekannt
Vor 15 Jahren - am 27. April 2008 - ist der Inzestfall in Amstetten bekannt geworden. Ein damals 73-Jähriger hatte seine eigene Tochter 24 Jahre lang im Keller seines Hauses gefangen gehalten, vergewaltigt und mit ihr sieben Kinder gezeugt. Er wurde im März 2009 zu lebenslanger Haft verurteilt und in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher eingewiesen.
Josef Fritzl, der seinen Namen mittlerweile geändert hat, ist seitdem in der Justizanstalt Stein untergebracht. Das Landesgericht Krems überprüft als Vollzugsgericht wie gesetzlich vorgeschrieben regelmäßig, ob die Voraussetzungen für die Unterbringung im Maßnahmenvollzug weiter vorliegen. Mit Beschluss von Ende März wurde eine Anhaltung in einem forensisch-therapeutischen Zentrum weiterhin als notwendig erachtet. Die Verteidigung von Fritzl hat dagegen Beschwerde eingebracht. Der Akt sei seit April zur Entscheidung beim Oberlandesgericht Wien, teilte der Sprecher des Landesgerichts auf Anfrage mit.
42-Jährige war seit ihrem 18. Lebensjahr eingesperrt
Die beim Bekanntwerden ihres Martyriums 42-jährige Frau war seit ihrem 18. Lebenjahr eingesperrt. Drei der in dem Keller zur Welt gebrachten Kinder hatte Fritzl im Lauf der Jahre aus dem unterirdischen Verlies geholt und als Enkelkinder ausgegeben. Er zog sie mit seiner Ehefrau groß, wobei er vortäuschte, seine angeblich untergetauchte, möglicherweise bei einer Sekte gelandete Tochter hätte die Kleinen weggelegt. Deren Geschwister wuchsen bis zu ihrer Befreiung 2008 in dem Keller auf, ohne jemals Tageslicht gesehen zu haben.
Eine Woche, bevor Fritzl am 26. April 2008 in Begleitung der 42-Jährigen beim Krankenhaus auftauchte und in der Folge festgenommen wurde, hatte er auf ihr Drängen hin die gemeinsame 19-jährige, schwer kranke Tochter zum Spital gebracht. Weil für die Behandlung nähere Daten zu der jungen Frau benötigt wurden, erging via Medien ein Aufruf, dass sich die - als vermisst geltende - Mutter melden möge. Die 42-Jährige verfolgte den Aufruf in dem Verlies und appellierte an ihren Vater und Peiniger, zum Spital gehen zu dürfen. Dieser gab schließlich nach.
Weltweites Medieninteresse
Der Fall verursachte riesiges, weltweites Medieninteresse. Das Haus in der Bezirksstadt im Mostviertel wurde regelrecht „belagert“ und war längere Zeit Anziehungspunkt für „Ausflugstourismus“. Die Klinik, in der die Opfer betreut wurden, wurde vor der Öffentlichkeit und Fotografen geschützt. Die 42-Jährige und ihre Kinder wahrten ihre Anonymität. Die Frau des 73-Jährigen sagte aus, nichts mitbekommen zu haben, und ließ sich in Folge scheiden.
Der heute 88-jährige Fritzl wurde in dem Prozess am Landesgericht St. Pölten im März 2009 in allen Anklagepunkten schuldig gesprochen. Weil ein Säugling starb, wurde der Mann auch wegen Mordes durch Unterlassung verurteilt. Weitere Vorwürfe lauteten Sklavenhandel, Vergewaltigung, Freiheitsentziehung, schwere Nötigung und Blutschande. Der Prozess wurde großteils unter Ausschluss der Öffentlichkeit geführt und rückte die niederösterreichische Landeshauptstadt vorübergehend in den Blickpunkt des internationalen Medieninteresses.
Das Verlies in Amstetten wurde zubetoniert. Das Haus, in dem sich heute Wohnungen befinden, wurde verkauft.