„Ich hatte die Hoffnung gehabt, dass es drei bis fünf Jahre dauern wird“, erzählt Franz Haider am Freitag, nur wenige Stunden bevor es für ihn Richtung Los Angeles und danach weiter in die Wüste von New Mexiko in den Südwesten der USA geht. Drei bis fünf Jahre, bis er als Österreichs erster Weltraumtourist und zweiter Österreicher nach dem Astronauten Franz Viehböck ins All fliegen würde. Diesen Titel wird der 61-jährige Niederösterreicher heute (Start 18 Uhr unserer Zeit) auf der Mission „Galactic 06“ nun endlich ergattern, allerdings nach einer deutlich längeren Wartezeit.
17 Jahre sind vergangen, seit Haider sein Ticket für den Weltraumflug bei der US-amerikanischen Fluggesellschaft Virgin Galactic 2007 gelöst hat. 200.000 US-Dollar zahlte er damals, um sich diesen Traum zu erfüllen. Und zwar sofort den vollen Betrag, damit er sicher einer der ersten 100 Teilnehmer sein würde. „Wenn ich das schon mache, dann will ich gleich vorne dabei sein“, dachte sich der gebürtige Waldviertler aus der Gemeinde Sallingberg damals. Hätte Haider weniger gezahlt, wäre er in der Warteliste weiter hinten gewesen.
3,5-g-Kräfte wirken auf den Körper
Dass er mittlerweile 61 Jahre alt ist, sei für das Weltraumabenteuer kein Problem, betont er. Einige seiner Kollegen seien zehn bis 15 Jahre älter, beispielsweise der ehemalige Kanu-Olympionike Jon Goodwin (80), der bereits im August ins All flog.
In einer Zentrifuge in Philadelphia trainierte Haider 2008 und 2019 den g-Kräften standzuhalten, die auf seinen Körper beim Austritt und Wiedereintritt in die Erdatmosphäre einwirken werden. „Beim Rauffliegen wirken g-Kräfte von 3,5 horizontal und vertikal auf unseren Körper ein“, erklärt er. Bei den horizontalen würde man sich beim Atmen schwertun, bei den vertikalen müsse man genug Körperspannung aufbauen, damit das Blut im Kopf bleibt und man nicht bewusstlos wird. Beim Wiedereintritt wird die Belastung noch höher sein (rund 6 g), dafür aber kürzer.
Die konkreten Flugvorbereitungen waren diese Woche gewaltig. Von der Anpassung des Raumanzugs für das Abenteuer über letzte Medizinchecks bis hin zu Übungen für das Ein- und Aussteigen reichten die Programmpunkte.
„Des muast machen“
Haider erfüllt sich mit seinem heutigen Weltraumflug einen Traum, den er seit seinem siebenten Lebensjahr hegt, als er bei der ersten Mondlandung „Apollo 11“ mitfieberte. Seine Mutter Hertha dämpfte damals seine Erwartungen. Als er ihr 2007 aber davon erzählte, dass er tatsächlich ins All fliegen könne, antwortete sie nur: „Des muast machen.“ Die mittlerweile 88-Jährige wird seinen großen Tag von zu Hause aus mitverfolgen – die Reise wäre zu strapaziös für sie.
Negative Reaktionen zu seinem Vorhaben gab es kaum. In seinem direkten Umfeld hätten alle Leute gemeint, dass er es machen solle, wenn er unbedingt möchte. Des Restrisikos sei Haider sich natürlich bewusst, sein Vertrauen in die lange Testphase und die Vorbereitungen der Fluggesellschaft sei aber groß.
Wenn alles planmäßig läuft, hebt das Trägerflugzeug mit der angedockten „VSS Unity“ heute um 18 Uhr unserer Zeit vom „Spaceport“ in New Mexico ab. In einer Höhe von rund 15 Kilometern klinkt sich das wie ein Privatjet aussehende Raumschiff aus und fliegt mit bis zu 3600 Stundenkilometern Geschwindigkeit allein weiter ins All. In etwas weniger als 100 Kilometern Höhe wird Haider dann schwerelos mit seinen drei Mitreisenden durch das Shuttle schweben und jenen Blick genießen, auf den er 17 Jahre gewartet hat.