Magdalena Darnhofer ist als Medizinstudentin eine von vielen - mit ihrer Entscheidung, als Ärztin am Land zu arbeiten, ist sie aber fast allein. Neben ihr haben 49 Studierende ein Stipendium von der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK) bekommen. Damit verpflichtet sich Darnhofer nach ihrem Abschluss fünf Jahre lang in einer Region zu arbeiten, wo Kassenärztinnen und -ärzte fehlen. Monatlich bekommt sie dafür 923 Euro. Für die zweifache Mutter eine große Hilfe. „Ich habe neben dem Studium immer als Krankenschwester gearbeitet. Jetzt steht mein klinisches praktisches Jahr an und ich musste meinen Job dafür kündigen.“ Sie stößt zufällig auf das Stipendium. Dass sie im Gegenzug dafür womöglich nach ihrem Studium aufs Land muss, schreckt sie nicht ab. „Ich weiß schon, dass ich später einmal eine Ordination gründen möchte. Ich hätte gerne einen Job, in dem ich selbst etwas gestalten kann, das funktioniert in einer Ordination besser als als Angestellte im Krankenhaus“, sagt die 36-Jährige. Sie kommt aus Weiz, da möchte sie sich dann auch beruflich niederlassen.

Das ÖGK-Stipendium ist eine von vielen Ideen, mit denen Bund, Länder und Versicherungsträger das Gesundheitssystem retten wollen. Das Personal in den Spitälern ruft seit Langem nach Entlastung, seit Jahren steigt etwa auch die Zahl der Wahlärzte, jene der Kassenmediziner sinkt, die Wartezeiten auf einen Arzttermin sind mitunter lang. Zuletzt hat die SPÖ gefordert, dass die Wahlärzte Kassenpatienten übernehmen sollen.

Im Video erzählt Magdalena Darnhofer

Angesichts der angespannten Lage sei das ÖGK-Stipendium eine Maßnahme mit kleinem Effekt, sagt Gesundheitsökonom Thomas Czypionka vom Institut für Höhere Studien. Denn in Österreich gibt es keine Studiengebühren. Der Hebel von Stipendien sei in Ländern ohne kostenlose Ausbildung größer, mehr Leute würden sich dann dafür interessieren und die öffentliche Hand hätte weniger Kosten. Auch die Ärztekammer kritisiert das Stipendium und spricht von einem „Tropfen auf dem heißen Stein“. Bei der ÖGK kontert man. Das Stipendium sei ein kleiner Teil von mehreren Maßnahmen, aber es helfen, mit den Medizinstudierenden in Kontakt zu kommen, sagt ÖGK-Chef Bernhard Wurzer. „Ich glaube, das war in der Vergangenheit so ein bisschen das Image der Kassen: Man bekommt einen Vertrag und das erste Mal hat man mit der Kasse wieder zu tun, wenn es irgendwelche Abrechnungsprobleme gibt. Jetzt gehen wir den Weg, dass wir schon vom Studium weg mit Ärztinnen und Ärzten Kontakt halten wollen, dass wir mit ihnen im Gespräch sind, dass sie die Kasse kennenlernen können.“ Darnhofer sieht da aber noch Verbesserungsbedarf: „Viele meiner Studienkollegen haben nichts von dem Stipendium gewusst.“ Man müsste das Stipendienprogramm breiter aufziehen, mehr bewerben und es insgesamt mehr Studierenden anbieten.

Gesundheitsökonom Thomas Czypionka
Gesundheitsökonom Thomas Czypionka © KLZ/Christoph Kleinsasser

Weitere Maßnahmen reichlich spät

Neben dem Stipendium sollen Medizinstudierende mit weiteren Maßnahmen aufs Land und in die Kassenordination gelockt werden. Zum einen gibt es 100.000 Euro Startbonus für das Gründen einer eigenen Ordination. Zum anderen ist ein Teil der Medizinstudienplätze für jene reserviert ist, die sich verpflichten für Land, Ministerium oder ÖGK zu arbeiten.

ÖGK-Chef Bernhard Wurzer
ÖGK-Chef Bernhard Wurzer © KLZ/Christoph Kleinsasser

Für den Gesundheitsökonomen Czypionka kommen die Rettungsmaßnahmen aber reichlich spät: „Wir haben vor vielleicht fünf, sechs Jahren angefangen, das Problem zu erkennen und ein bisschen etwas zu tun. Wir sind bei Weitem nicht dort, wo wir sein sollten.“ Gerade was die Arbeitsbedingungen betrifft, sei noch viel zu tun. Zumal der neuen Generation Themen wie Work-Life-Balance wichtiger seien als das große Geld. Bis die Maßnahmen greifen, bleibt der Zustand des Gesundheitssystems kritisch, sagt der Experte. Das bekommen Darnhofer und ihre Kolleginnen und Kollegen zu spüren. „Vor allem in den Akutambulanzen sind die Leute sehr überlastet. Wenn man ständig im Krankenhaus Patienten anschauen muss, die eigentlich beim Hausarzt behandelt werden könnten, ist das einfach unbefriedigend. Teils herrscht so ein hohes Arbeitsaufkommen, dass man nicht einmal beantworten kann, ob ein Patient vor zwei Stunden da war oder nicht. Weil man es einfach nicht mehr weiß. Das ist nicht die Arbeit, die man gerne machen möchte.“

Sowohl Darnhofer als auch Czypionka sehen die größte Chance der Rettung des Gesundheitssystems darin, dass die Primärversorgung gestärkt wird und die einzelnen Bereiche - vom niedergelassenen bis zum Spitalsbereich - besser ineinandergreifen können. Daran arbeitet man, heißt es von den Verantwortlichen. Bleibt zu hoffen, dass die Mittel bald wirken.