Nach den Ermittlungen gegen Aktivistinnen und Aktivisten der „Letzten Generation“ wegen des Verdachts der schweren Sachbeschädigung (Paragraf 126 StGB) und Bildung einer kriminellen Vereinigung (Paragraf 278 StGB) hat die Staatsanwaltschaft Wien konkrete Zahlen dazu bekannt gegeben. Demnach laufe ein Verfahren gegen 52 Personen, erklärte Sprecherin Nina Bussek von der Staatsanwaltschaft Wien auf APA-Anfrage – „davon gegen 29 Beschuldigte auch wegen Paragraf 278 StGB“.
November-Proteste als Auslöser
Bisher war bei der Staatsanwaltschaft stets nur die Rede von „einem Verfahren gegen mehrere Personen“ gewesen. Die „Letzte Generation“ sprach am Donnerstag gegenüber der APA von einer „Ausweitung der Ermittlungen“. Die „Letzte Generation“ wandte sich am Donnerstag erneut an die Bundesregierung und Kanzler Karl Nehammer (ÖVP). „Unsere Proteste enden sofort, sobald Nehammer auf den Klimarat hört und dessen Empfehlungen umsetzt“, sagte Marina Hagen-Canaval (27) zu den Ermittlungen.
Das Verfahren steht in Zusammenhang mit den November-Protesten der Klimaschutzgruppe. Dabei hatten sich die Protestierenden mit einer Sand-Superkleber-Mischung auf der Südautobahn (A 2) und am Wiener Ring festbetoniert.
Der Anfangsverdacht gründet sich laut Staatsanwaltschaft darauf, dass Autobahnen sowie Verkehrsknotenpunkte als Teile der kritischen Infrastruktur schwer beschädigt worden seien. Zudem habe es schweres Gerät erfordert, um die Aktivistinnen und Aktivisten von der Straße zu lösen. In diesem Zusammenhang wurde von der Staatsanwaltschaft auch die Definition einer kriminellen Vereinigung nach Paragraf 278 StGB genannt. Im Gesetzestext wird unter anderem auf die Begehung von „nicht geringfügigen Sachbeschädigungen“ verwiesen. Es handle sich um jene Sachbeschädigungen, die sich gegen wesentliche Teile der kritischen Infrastruktur richten, wurde erklärt.
Keine Weisung aus dem Ministerium
Am Donnerstag übte auch Anwalt Paul Kessler, der einige Aktivistinnen und Aktivisten vertritt, Kritik. „Offenbar ist es ohne Weisung aus dem Ministerium nicht möglich, sachliche Ermittlungen zu gewährleisten“, sagte Kessler. Offenbar müsse man nicht nur über das Klima auf der Welt, sondern auch über das politische Klima in Österreich besorgt sein, „wenn Menschen, die gegen die unbestreitbare Klimakrise friedlich protestieren, kriminalisiert werden“, so Kessler.
Eine Weisung des Justizministeriums zur Haftfrage im Ermittlungsverfahren gegen die deutsche Klimaaktivistin Anja Windl hatte zuletzt für Krach in der Koalition gesorgt. Windl war nach den Aktionen am 20. und 21. November in die Justizanstalt Josefstadt überstellt, ein Antrag auf Verhängung einer Untersuchungshaft jedoch vom Wiener Landesgericht für Strafsachen abgewiesen worden.
Die Staatsanwaltschaft Wien wollte daraufhin Beschwerde einreichen. Der Behörde wurde aber durch die zuständige Sektion V des Justizministeriums die Weisung erteilt, vom Einbringen einer Beschwerde Abstand zu nehmen.