JA! Wolfgang Hattmannsdorfer (ÖVP-Landesrat in OÖ) hält es für zumutbar, dass Asylwerber einen Beitrag für das Zusammenleben leisten.
Unser Zusammenleben besteht aus Rechten und Pflichten. Jeder Einzelne hat eine gesellschaftliche Verantwortung und Verpflichtung gegenüber unserem Land und den Mitmenschen. Unser Sozialstaat funktioniert nur, weil es Menschen gibt, die tagtäglich ein Beitrag zum Gelingen und zu unserem gemeinsamen Wohlstand leisten. Darum ist es für mich selbstverständlich, dass wer in unserem Land leben will und Unterstützung seitens der öffentlichen Hand in Anspruch nimmt, eine klare Verpflichtung gegenüber der Gesellschaft hat. Diesen Anspruch erhebe ich an jede und jeden unabhängig von Herkunft, Glauben oder Hautfarbe.
Asylwerbern ist es zumutbar, dass sie einen Beitrag zu unserem Zusammenleben leisten. Als Aufnahmeland gewähren wir Schutz und Hilfe, ein ordentliches Asylverfahren, eine Versorgung und Unterbringung. Dazu bekenne ich mich aus unserer humanitären Verantwortung heraus. Das Mindeste, was wir als Aufnahmegesellschaft im Gegenzug verlangen können, ist neben dem Respekt unserer Werte und der Bereitschaft zur Integration ein aktiver Beitrag in den Gemeinden. Darum bin ich überzeugt, dass eine Verpflichtung zu Hilfstätigkeiten in der Gemeinde bzw. in gemeinnützigen und karitativen Vereinen zu einer höheren Akzeptanz und besseren Integration in der Bevölkerung führt. Es geht bewusst nicht um Arbeit in einem Unternehmen. Es geht um einen augenscheinlichen Dienst im Sinne unserer Gesellschaft, beispielsweise durch die Mitarbeit in Sozialmärkten, bei Essen auf Rädern oder als Unterstützung direkt in der Gemeinde. Diese Tätigkeiten sind bereits auf freiwilliger Basis möglich. Wir gehen einen Schritt weiter und werden diesen Beitrag im kommenden Jahr aktiv einfordern, weil wir einen Paradigmenwechsel in der Integrations- und Migrationspolitik einschlagen müssen.
Wir brauchen keine Migrationspolitik mit falsch verstandener Toleranz und Schönfärberei auf der einen Seite und Hetze auf der anderen Seite. In Oberösterreich gehen wir mit Vernunft, Hausverstand und Konsequenz an die Sache heran. Die Zeit, die Asylwerber damit verbringen, auf die Entscheidung ihres Antrags zu warten, müssen wir besser nutzen. Aktuell führt für viele Flüchtlinge der Weg aus der Grundversorgung in die Sozialhilfe. Allein in Oberösterreich ist jede/r Vierte Sozialhilfebezieher/in ein Asylberechtigte/r. Diesen Systemfehler müssen wir aufbrechen. Schlüssel dafür sind die deutsche Sprache und die bessere Integration durch beispielsweise Hilfstätigkeiten. In Oberösterreich fordern wir das aktiv ein: Als erstes Bundesland haben wir unter anderem die Deutschpflicht in der Sozialhilfe eingeführt und starten im kommenden Jahr mit Alltagsdeutschkursen für Asylwerber mit hoher Bleibeperspektive. Den einfordern können wir nur dann, wenn auch wir unseren Beitrag leisten und Chancen bieten.
NEIN! Erich Fenninger (Volkshilfe) hält von Asylwerbern erzwungene Arbeit für menschenverachtend.
Die leider immer wiederkehrende Debatte um einen Arbeitszwang löst immer schweres Unbehagen bei mir aus. Dabei ist es unerheblich, von welcher Gruppe gerade wieder Arbeit erzwungen werden soll, von arbeitslosen Menschen oder diesmal von Asylwerberinnen und -werbern.
Warum es Bauchschmerzen bei mir auslöst? Weil es nicht zu einer liberalen Demokratie passt, weil ich in keinem Land leben möchte, das manche Gruppen mit einem Arbeitszwang belegt, weil es gegen die Europäische Menschenrechtskonvention verstößt. Ganz einfach darum.
Diesmal geht die Diskussion also wieder um Asylwerber, und da wird es jetzt ganz besonders perfide. Denn diese Gruppe an Menschen darf während ihres laufenden Asylverfahrens weitestgehend nicht arbeiten, das will auch die aktuelle Regierung so. Und diese Verfahren dauern leider mitunter immer noch sehr lange. Für ihre erzwungene Untätigkeit werden die Schutz suchenden Menschen von der Bevölkerung geächtet, als faul und arbeitsunwillig diffamiert. Das ist sehr belastend für die Menschen, und es gehen dabei auch Qualifikationen verloren. Das ist schlimm genug.
Aber jetzt sollen sie zur gemeinnützigen Arbeit gezwungen und auch noch bestraft werden, wenn sie diese Jobs nicht annehmen. Das zusätzliche Problem dabei ist, dass es diese Jobs in den Gemeinden einfach nicht flächendeckend gibt. Die Gemeinden haben oft Verträge mit Firmen, die Rasen mähen und andere Leistungen erbringen. Nicht alles, was auf den ersten Blick „populär“ ist, hält auch einem zweiten kritischen Blick stand.
Unsere Erfahrungen in der Volkshilfe sind ja gänzlich andere: Die Schutz suchenden Menschen wollen nicht untätig rumsitzen – sie wollen arbeiten, sich einbringen und selbst erhalten. Nur das dürfen sie eben nicht. Daher hat die Volkshilfe immer wieder einen Arbeitsmarktzugang gefordert, den es zumindest für die Menschen aus der Ukraine gibt. Aber in dieser Diskussion, einem rascheren Zugang zum Arbeitsmarkt für alle Asylwerber, gibt es trotz teilweise erdrückenden Arbeitskräftemangels leider keinerlei Bewegung. Aber diese Debatte sollte vorrangig geführt werden.
Nun hat die Diskussion um einen Arbeitszwang für Asylwerber wieder einmal an Fahrt aufgenommen, jetzt mit Sanktionsmöglichkeiten für das ohnehin extrem niedrige Taschengeld! Das ist in meinen Augen menschenverachtend und wirklich schwer auszuhalten. Denn damit werden einfach dumpfe Neidgefühle geweckt und verstärkt gegen eine Gruppe von Menschen, die es ohnehin besonders schwer hat. Damit sollte möglichst rasch Schluss sein. Daher fordern wir von der Volkshilfe einen Zugang zum Arbeitsmarkt statt Arbeitszwang. Davon hätten wir alle etwas.
Wie stehen Sie zu diesem Thema, was ist Ihre Meinung dazu?