Im Juni 2014 erhielt Seefeld den Zuschlag für die Nordische Ski-WM 2019. Doch schon damals war die finanzielle Situation angespannt, berichtet die „Tiroler Tageszeitung“. Für die Weltmeisterschaft bzw. die WM-Sportanlagengesellschaft mussten dann weitere Millionenhaftungen übernommen werden. Heute haftet die Gemeinde für 36 Millionen Euro, ihre Tochtergesellschaften weisen Verbindlichkeiten von 61 Millionen Euro aus und die Finanzschulden in der Gemeindekasse betragen neun Millionen Euro. Außerdem sind die Kosten für die WM-Infrastruktur von 15 auf 31,2 Millionen Euro hinaufgeschnellt.
Bereits in ihrem Prüfbericht Anfang 2016 wies die Aufsichtsbehörde darauf hin, dass Übernahmen neuer Haftungen unter Berücksichtigung der finanziellen Lage der Gemeinde und einer Betrachtung der Risiken in Bezug auf den jeweiligen Haftungsnehmer nur in dem Ausmaß möglich waren, als abreifende Haftungen den Haftungsstand reduzierten. Schließlich lastete bereits ein Schweizer-Franken-Kredit schwer auf dem Gemeindehaushalt. Mittlerweile ist er auf 17,5 Millionen Euro angewachsen. Wie Recherchen der TT zeigen, gibt es darüber hinaus einige aufschlussreiche Aktenvermerke.
„Wagnis für die Gemeinde“
So stellte die Gemeindeaufsicht im Juni 2016 fest, dass die Haftungsübernahme für die WM-Sportanlagengesellschaft über 20 Millionen Euro „aus derzeitiger Sicht als unverhältnismäßiges Wagnis für die Gemeinde zu werten ist“. Die finanzielle Garantie über sechs Millionen Euro für ein Zwischenfinanzierungsdarlehen bis Ende 2020 wurde jedoch aufgrund eines Schreibens von Ex-Gemeindereferent LR Hannes Tratter (VP) im März 2017 ermöglicht.
Nach Auslaufen dieser Haftung hat sich die Situation jedoch nicht gebessert. Im Gegenteil: Der Kredit musste zur Ausfinanzierung der WM-Sportanlagen 2021 auf sieben Millionen Euro umgeschuldet werden. Wieder ging es darum, ob eine Haftungsübernahme möglich ist. Die Gemeinde suchte darum an, die Gemeindeaufsicht bat um eine entsprechende Weisung des politischen Gemeindereferenten.
Im April 2021 wurde schließlich die Genehmigung von Hannes Tratter erteilt: „Als für Gemeinden zuständiges Mitglied der Tiroler Landesregierung und somit oberstes Verwaltungsorgan und höchste sachlich in Betracht kommende Oberbehörde wird in gegenständlicher Sache festgehalten, dass die Bezirkshauptmannschaft Innsbruck-Land angewiesen wird, die gegenständliche Haftungsübernahme der Gemeinde Seefeld zu genehmigen.“ Ernüchterndes Fazit des Landesrechnungshofs: Das Ausmaß der Haftungsübernahmen stellte für Seefeld ein finanzielles Risiko dar.
Rechnungshof fordert notwendige Schlüsse
Landeshauptmann und Gemeindereferent Anton Mattle (VP) betont, dass das Land Tirol bereits gemeinsam mit der Marktgemeinde Matrei in Osttirol gezeigt habe, dass angeschlagene Gemeinden mit einem seriösen, sparsamen und nachhaltigen Sanierungskonzept wieder zurück auf Kurs geführt werden können. „Denselben sachlichen Zugang werden wir bei der Gemeinde Seefeld verfolgen.“
Aus dem Bericht des Landesrechnungshofes müssten jedoch für die Zukunft – insbesondere für künftige Sportgroßevents – die notwendigen Schlüsse gezogen werden. Mattle: „Jedenfalls braucht es für Großevents künftig ein begleitendes Controlling durch Bund, Land und Gemeinden, denn ohne Gastgeber und deren Bereitschaft wird es keine Welt- und Europameisterschaft oder sonstige Bewerbe mehr geben.“