Protestaktionen gegen die Klimapolitik haben Montagfrüh den Verkehr in und nach Wien über weite Strecken lahmgelegt. Laut ÖAMTC waren Aktivisten an mehreren neuralgischen Punkten ab 7.45 Uhr im Einsatz und sorgten für umfangreiche Staus. Betroffen waren unter anderem die Südautobahn (A 2) beim Knoten Vösendorf Richtung Wien mit mehr als zehn Kilometer Stau und über einer Stunde Zeitverlust. Auch auf den Ausweichstrecken B 16 und B 17 gab es Staus. Ein Steirer berichtete, für die Fahrt von Mürzzuschlag nach Wien am Montag rund fünf Stunden benötigt zu haben. Insgesamt 57 Aktivisten wurden in Wien und Niederösterreich festgenommen.
Die „Letzte Generation“ hat auch Aufnahmen von Ausschreitungen gepostet. So fährt etwa ein Lenker eines schwarzen Pkw gefährlich nahe an einen Aktivisten heran. Wütende Autofahrer zerren Personen von der Straße, ein anderer Mann schüttet Wasser auf die Protestierenden. In Wien ereigneten sich an einer Auffahrt ebenso haarige Szenen. Ein Autofahrer „gabelte“ einen Aktivisten auf, wie „Heute“ berichtete.
Schwangere durchgelassen
Anderswo wurden Nerven bewahrt: Laut Zeugen, die auf der A 2 im Stau steckten, wurde eine Schwangere an der Blockade vorbeigelotst, auch ein Rettungseinsatz soll reibungslos verlaufen sein. Die Polizei war gefordert, um die Blockaden aufzulösen. „Alle 30 Teilnehmer wurden festgenommen“, sagte Stefan Loidl, Sprecher der Landespolizeidirektion Niederösterreich. Davon stehen 18 Personen, die sich an der Straße festbetoniert haben sollen, unter dem Verdacht der schweren Sachbeschädigung. Weiteren zwölf Teilnehmern, die sich festgeklebt haben sollen, drohen Anzeigen nach dem Verwaltungsstrafgesetz. Die Blockade war gegen 11.15 Uhr vorüber.
Staus auch auf umliegenden Straßen
Ebenso blockiert war die Westeinfahrt auf Höhe Auhof. Das führte auch auf der Ausweichstrecke Hauptstraße/Linzer Straße zu umfangreichen Staus von etwa vier Kilometern stadteinwärts. Blockadeaktionen gab es zudem auf der Südosttangente (A 23) beim Altmannsdorfer Ast vor dem Kreuzungsbereich Altmannsdorfer Straße und bei den Abfahrten Handelskai in beiden Richtungen. Dazu war auf der Raffineriestraße die Abfahrt von der A 23 und der Donauuferautobahn (A 22) in Richtung Lobau gesperrt, was zu Staus auf allen umliegenden Straßen führte.
„Heute haben wir uns auf der A2 angeklebt. Wir sind dem Verkehr und der Wut der Menschen entgegengetreten, um auf die eskalierende Klimakrise aufmerksam zu machen“, erläuterte die „Letzte Generation Österreich“ auf der Plattform X. Mehr als 70 Personen beteiligten sich demnach an den Protesten. Die Aktivisten sprachen von „massiven Aggressionen“ gegen sich und stellten davon auch ein Video online. „Wir verstehen den Frust der Autofahrerinnen und Autofahrer. Gewalt ist keine Antwort. Wie werden sie reagieren, wenn Straßen überflutet sind oder es kein Trinkwasser gibt?“, fragten die Aktivisten auf X.
Reaktionen der Politik
„Wie viele andere Menschen auch, habe ich kein Verständnis für die Blockade von Autobahnen durch Klimakleber. Durch solche Aktionen entsteht nicht nur erheblicher wirtschaftlicher Schaden, sie vergiften auch das gesellschaftliche Klima“, reagierte Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) auf X. „Die Polizei wird sich künftig mit einer neuen Vorgangsweise und schwerem Gerät rüsten, damit diesen Blockadeaktionen mit aller Konsequenz entgegnet werden kann“, kündigte er zudem gegenüber der „Krone“ online an.
Laut Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) rüstet sich die Polizei derzeit mit schwerem Baugerät gegen die Klimakleber auf, um diese von der Fahrbahn zu lösen. Das Gerät ist bereits in Beschaffung, die entsprechende Vorgehensweise der Exekutive werde bundesweit einheitlich geregelt.
Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) reagierte in einer Stellungnahme: „Ich bleibe dabei: Diese Form des Protests ist nicht normal. Das ist radikal, rücksichtslos und leider auch lebensgefährlich. Es braucht von Frau Zadic (Justizministerin Alma Zadić, Grüne, Anm.) endlich härtere Strafen.“ Ihr Landeshauptmann-Stellvertreter Udo Landbauer sah indes ein „völliges Versagen“ von Innenminister Gerald Karner (ÖVP). Dieser sei mit seiner „Kleben-lassen“-Politik grandios gescheitert.
„Letzten Endes haben diese Situation nicht die Klima-, sondern die Sesselkleber in der Landesregierung mitzuverantworten. Denn abseits heißer Luft hat die verantwortliche ÖVP-Landespolitik wenig für den Klimaschutz unternommen“, reagierte dagegen die NEOS-Landesparteivorsitzende in Niederösterreich, Indra Collini. Die Wiener Landesparteien von FPÖ und ÖVP sparten in Aussendungen nicht mit Kritik an den Aktivisten und forderten härtere Strafen.