Ein prominenter Vertreter der oberösterreichischen Coronamaßnahmengegner-Szene und Demo-Organisator hat sich am Freitag in Linz vor einem Geschworenengericht verantworten müssen. Die Anklage wirft ihm Holocaustleugnung vor, denn er soll auf Internetplattformen Ausgangsbeschränkungen und Impfpflicht mit der Judenverfolgung verglichen haben. Der Angeklagte bekannte sich nicht schuldig und fühlt sich missverstanden: „Es war eine Warnung davor, dass so etwas nie wieder geschehen darf.“
Der Angeklagte war während der Pandemie immer wieder in gröbere Konflikte mit Polizei und Behörden verwickelt. Im März 2022 fasste er etwa ein Jahr teilbedingt wegen Verleumdung, falscher Beweisaussage, übler Nachrede, Beleidigung und Fälschung eines Beweismittels aus. So hat er falsche Maskenatteste vorgelegt und Behördenvertreter beleidigt und verleumdet. Auf diese Strafe wird das Gericht im Fall eines Schuldspruchs Bedacht zu nehmen zu haben.
Impflicht mit Holocaust verglichen
Laut Anklage soll er auf Social Media u.a. ein Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts, das seine Beschwerde gegen die Ausgangssperre abgewiesen hatte, als „Wiederbetätigung“ bezeichnet haben, denn in der Nazizeit hätten Ausgangssperren auch für Juden gegolten. Auch soll er die Impfpflicht als völkerrechtliches Verbrechen und als Genozid bezeichnet sowie mit Holocaust verglichen haben. Wer gegen die Coronamaßnahmen verstieß, habe eine Verwaltungsstrafe zu erwarten gehabt - wenn man sich den Maßnahmen in der Nazizeit widersetzt habe, sei man im KZ gelandet, veranschaulichte der Staatsanwalt den Geschworenen die von der Anklage gesehene strafrechtliche Relevanz.
Der Verteidiger konterte, dass man in der Nazizeit froh hätte sein können, wenn es mehr kritische Geister wie seinen Mandanten gegeben hätte. Dieser bekannte sich nicht schuldig. „Mir ist keine traurigere Zeit eingefallen wie die damalige. Und mir ist klar gewesen, dass wir das niemals vergessen dürfen“, erklärte er seine Motivation. Er habe es „als schockierend empfunden“, dass Ausgangssperren wie in der Coronazeit auch in der Nazizeit für Juden gegolten hätten. Ob er den Vergleich rückblickend heute noch für angebracht halte, fragte die Vorsitzende. „Wenn ich gewusst hätte, wie es interpretiert wird, würde ich andere Worte wählen“, antwortete der Angeklagte. „Es ist eine Interpretation, die nicht in meiner Intention war, als ich es gesagt habe.“ Er habe „aus dem Bauch heraus“ formuliert.
Angeklagter war untergetaucht
Der Prozess gegen den Mann findet mit etlichen Monaten Verspätung statt. Denn er war im August des Vorjahres nicht zu seinem Prozess erschienen und untergetaucht. Im Jänner ging er dann der Polizei bei einer spektakulären Verkehrsanhaltung ins Netz: Im Wagen hatte er damals die Leiche seiner Ehefrau, die wenige Stunden zuvor gestorben war, und die gemeinsamen drei Kinder. Gegen ihn laufen noch weitere Ermittlungen, nachdem die Frau an einer Krebserkrankung, die sie offenbar nicht behandeln ließ, erlegen ist.
Ein psychiatrisches Gutachten kommt zum Schluss, dass er zurechnungsfähig ist. Laut der Sachverständigen Adelheid Kastner weise er eine „querulatorisch-fanatische Persönlichkeits-Akzentuierung“ auf, die sich während der Pandemie manifestiert habe. Mittlerweile habe sich der Angeklagte aber von der Holocaustleugnung distanziert und unter dem Eindruck des Todes seiner Frau und der Frage nach der Versorgung seiner Kinder sei auch kein weiteres entsprechendes Verhalten zu erwarten, so Kastners Prognose.
In seinem Schlussplädoyer wies der Staatsanwalt darauf hin, dass man für den angeklagten Paragrafen 3h des Verbotsgesetzes keine nationalsozialistische Gesinnung haben müsse, es gehe einzig um die Verharmlosung des Holocaust. Das sieht er verwirklicht. Der Verteidiger hingegen meinte: „Er hat sich da hertreiben lassen. Er war der Schwurblerkönig, aber er ist nicht der Verharmloser“, forderte er einen Freispruch. Zu Mittag zogen sich die Geschworenen zurück. Ein Urteil ist am Nachmittag zu erwarten. Im Fall eines Schuldspruchs drohen ein bis zehn Jahre Haft.