Wo ist Sara? Mit dieser Frage begann im August 2022 die Suche nach dem damals 15-jährigen Mädchen aus Innsbruck (wir berichteten). Seitdem fehlt von der Tirolerin jede Spur. Die Polizei geht davon aus, dass Sara nach islamischem Recht zwangsverheiratet wurde und mit einem unbekannten Mann Österreich verlassen hat. Wohin, ist nach wie vor unklar. Als Aufenthaltsort wurde Deutschland vermutet.

Zwangsprostitution im „Scharia-Keller“

Nun sind neue Informationen aufgetaucht, die darauf hindeuten, dass sich Sara möglicherweise in Berlin befinden könnte und von einer islamistischen Sekte in einem „Scharia-Keller“ gewaltsam festgehalten wird. Hierbei handelt es sich um mehrere Räumlichkeiten, die angeblich von radikalen Islamisten angemietet wurden, um dort junge Frauen zur Prostitution zu zwingen. „Das können wir derzeit nicht bestätigen. Die Hinweise werden noch geprüft“, sagt Christoph Kirchmair, Leiter des Innsbrucker Kriminalreferats.

Die Polizei erhielt die Hinweise durch Saras Mutter, Yasmin S., die anonym bleiben möchte. Sie sei über TikTok auf eine junge Frau gestoßen, die Sara kennen soll. Angeblich waren beide Mitglieder einer WhatsApp-Gruppe, wo junge Mädchen Informationen bekommen, wie sie nach Berlin gelangen. S. soll die Chatverläufe gelesen haben.

Mittlerweile melden sich auch in den sozialen Netzwerken vermehrt Männer, die behaupten, Teil der Gruppe rund um den sogenannten „Scharia-Keller“ zu sein. „Es kommen laufend Hinweise dazu, aber die Videos werden sehr schnell wieder vom Netz genommen“, sagt Kirchmair, der eng mit der deutschen Polizei in Kontakt steht. Wie seriös die Hinweise sind, kann die Polizei aus jetziger Sicht nicht sagen.

Immer mehr Junge konvertieren zum Islam

Yasmin S. ist sich jedenfalls sicher, dass ihre Tochter in Berlin ist. S. erinnert sich an eine seltsame Begegnung mit einem Mann. Er soll sie im Sommer in Innsbruck auf offener Straße angesprochen und erzählt haben, dass Sara in einem Keller als Prostituierte festgehalten werde. Seit Saras Verschwinden hat Yasmin S. nichts von ihrer Tochter gehört: „Ich weiß nicht, was ich noch tun soll. Ich habe so große Angst um sie“, sagt S.

Mit 14 Jahren hat Sara begonnen, sich zu radikalisieren. „Sie war ein ganz normaler Teenager. Dann fing sie an, sich zu verschleiern. Bevor sie weg war, trug sie nur noch einen Niqab, einen Gesichtsschleier“, sagte S. einst in einem Gespräch mit der Kleinen Zeitung. Sara beschimpfte ihre Mutter, sprach von dem Wunsch, islamisch heiraten zu wollen.

In der Beratungsstelle Extremismus häufen sich seit einigen Monaten vermehrt Anrufe von Angehörigen, die Ähnliches berichten. Junge Mädchen und Buben, häufig aus nicht-muslimischen Familien, konvertieren und wenden sich dem salafistischen Islam zu. Verena Fabris, Leiterin der Beratungsstelle Extremismus: „Die Gründe sind vielfältig. Insbesondere bei jungen Frauen. Eine Rolle spielen Krisen, Gewalterfahrungen, psychische Probleme. Aber auch Diskriminierung, Suche nach Zugehörigkeit oder Rebellion gegen das Elternhaus können dazu führen, dass sich junge Frauen fundamentalistisch-religiösen Strömungen zuwenden.“

Video-Doku: Radikalisierte Töchter