Die Rückkehr des Wolfs nach Österreich lässt die Emotionen zunehmend hochgehen. Während sich Befürworter und Gegner des Raubtiers erbitterte liefern, geben immer mehr Bundesländer dem wachsenden Druck von Bauernseite nach und geben Wölfe zum Abschuss frei. Das wiederum könnte auf einen Konflikt mit Brüssel hinauslaufen, denn der Wolf steht unter strengem europäischem Schutz.
148 Schafe und Ziegen wurden in Österreich heuer bislang von Wölfen getötet, mehr als 100 weitere wurden nach Wolfsangriffen vermisst, wie die Zahlen "Österreichzentrums – Bär Wolf Luchs" verraten. Mehr als die Hälfte der Risse geschah in Tirol, wo im April eine Abschussverordnung in Kraft getreten ist. Wölfe, die in Siedlungsnähe auftauchen, die wiederholt Weidetiere reißen oder bei einem einzelnen Angriff mindestens fünf Schafe oder Ziegen töten, können per Bescheid erlegt werden. Auch die EU gestattet solche Abschüsse, allerdings nur dann, wenn Herdenschutzmaßnahmen nicht wirken oder ein Wolf die Scheu vor Menschen verloren hat. Um der Vorgabe gerecht zu werden, erklärte man in Innsbruck kurzerhand alle Tiroler Almgebiete zu "Alpschutzgebieten", in denen Herdenschutz nicht zumutbar sei. Europarechtsexperten wie Walter Obwexer oder Peter Hilpold von der Universität Innsbruck betrachten diese Vorgehensweise allerdings als europarechtswidrig.
Fünf Wölfe in Kärnten erlegt
Bislang hat die Tiroler Landesregierung sechs Wölfe zum Abschuss freigegeben, kein einziger konnte erlegt werden. Die Gemeinde Umhausen im Ötztal hat deshalb sogar ein "Kopfgeld" auf die Wölfe ausgesetzt: Wer eines der Tiere abschießt, dessen Jagdgemeinschaft bekommt von der Kommune die Hälfte der Jahresjagdpacht überwiesen. Wert: 3500 bis 10.000 Euro.
Erfolgreicher waren die Waidmänner bisher in Kärnten, wo es bereits seit dem Frühjahr 2022 eine Wolfsverordnung gibt. Fünf Tiere wurden abgeschossen, für sieben weitere gibt es Entnahmebescheide. Salzburg hat vorerst zwei Wölfe auf der Abschussliste, wobei die zugrunde liegende Verordnung noch in Begutachtung liegt. Niederösterreich wiederum lässt den Jägern überhaupt freie Hand. Bescheide für Abschüsse sind nicht nötig, Jäger dürfen Wölfe erlegen, wenn diese mehrmals Nutztiere gerissen haben. Oberösterreich will im Juli eine eigene Verordnung vorlegen, in der Steiermark berät derzeit eine Expertengruppe, die im Spätsommer ebenfalls "eine Verordnung zur Entnahme von Problemwölfen" vorlegen soll.
Drohen Österreich nun Strafen?
Im Umweltministerium von Leonore Gewessler (Grüne) rechnet man angesichts dessen damit, dass die EU-Kommission gegen Österreich ein Vertragsverletzungsverfahren einleiten wird, wie es auf Anfrage heißt. Für den Verhaltensforscher und Wolfsexperten Kurt Kotrschal wäre es zudem "ein Irrtum zu glauben, dass Brüssel den Schutzstatus des Wolfes in den nächsten paar Jahren herabsetzen wird". Abschüsse würden das Problem langfristig auch nicht lösen. "Wir müssen lernen, mit den Wölfen zu leben", so der Forscher im ORF.