Hinweis: Der Text ist in abgewandelter Form zunächst bei Futter, dem jungen Magazin der Kleinen Zeitung, erschienen. Futter ist inzwischen "Kleine Zeitung Next".

Die gelbe Narzisse, die in einer Vase am Küchentisch ihren Platz gefunden hat, lässt den Kopf schon wieder hängen. Von den Websites diverser Medien blicken gestresste Männer in Anzügen entgegen und diverse Rabattaktionen in der Shoppingmeile laufen auch schon wieder aus. Man könnte fast meinen der gestrige feministische Kampftag, weitläufiger bekannt als Frauentag, habe nie stattgefunden. Dabei hat alles so vielversprechend angefangen.

Plötzlich zierten Frauen die Titelseite der Tageszeitungen. Probleme wie fehlende Quoten in Unternehmen oder der Gender Pay Gap wurden in Essays und Analysen kritisch durchleuchtet. Expertinnen wurden zurate gezogen. Unternehmerinnen, Künstlerinnen und Mütter bekamen ihre Bühne. Kurz gefasst: Es wurde demonstriert, wie einfach es wäre, Frauen ordentlich zu repräsentieren, wenn man sich nur Mühe geben würde. Aber jetzt, wo der internationale Frauentag 2023 Geschichte ist, scheint genau diese Mühe wieder im Schatten des Alltags zu stehen. Und der Frauentag muss dem nächsten Aktionstag weichen. Ironischerweise wird am 9. März in den USA der "Get over it"-Day begangen.

Der Frauentag - ein Schlag ins Gesicht

Auch heuer war der 8. März für viele Frauen ein Schlag ins Gesicht. Gerade weil gezeigt wurde, wie einfach es sein könnte... aber eben nicht ist. Und ja, es gibt Frauen, die sich in der privilegierten Position befinden und noch nie Benachteiligung erfahren haben. Oder vielleicht sind sie sich der Benachteiligung gar nicht bewusst. So oder so - die Probleme dürfen nicht kaschiert werden. Man ist sich ja auch der Tatsache bewusst, dass Arbeitslosigkeit ein Problem ist, auch wenn man vielleicht selbst noch nie seinen Job verloren hat. Apropos Arbeitslosigkeit – die betrifft mehrheitlich Frauen.

Der tägliche Kampf

Auch am 9. März müssen unzählige Frauen immer noch mit ihrem Schlüssel zwischen den Fingern bei Dunkelheit über den Parkplatz zu ihrem Auto marschieren. Schließlich wurde ihnen beigebracht, dass man so am besten einen plötzlichen Angriff abwehren kann. Auch am 9. März können Frauen ungewollte Verehrer oft nur mit der Notlüge, sie haben bereits einen Freund, abwehren. Denn dass sie einfach kein Interesse haben könnten, wird häufig nicht respektiert.

Auch am 9. März müssen sie damit rechnen, von Kopf bis Fuß beäugt zu werden, wenn sie an einer Gruppe vorbeigehen. Ganz zu schweigen von den Catcalls, die es oft als "Bonus" obendrauf gibt. Auch am 9. März werden Frauen regelmäßig nur mitgemeint. Alles Andere würde den Lesefluss stören. Sie müssen sich auch am 9. März im Job besonders beweisen und damit rechnen, dass sie als "schwierig" abgestempelt werden, sollten sie Kritik äußern. Gender Pay Gap? Haben wir hier nicht. Die intransparente Sonderzahlung am Gehaltszettel des Kollegen passt schon so, er hat halt gut verhandelt. Und wo käme man denn hin, wenn die unbezahlte Arbeit, die Frauen oft leisten, irgendwo aufschlagen würde? 

Botschaft an alle

Es ging nie darum, kostenlose Schnittblumen abstauben zu wollen und schon gar nicht ging es um Rabatte auf Make-up und Mode. Und: Eine Bevorzugung der Frauen war und ist ebenfalls nie das Ziel gewesen. Im Mittelpunkt stand von Anfang an die Gleichberechtigung. Was allerdings vom 8. März 2023 bleibt, ist lediglich ein herber Nachgeschmack.