Wer in jüngster Zeit auf Jobsuche war oder es vielleicht aktuell ist, kennt sie nur zu gut: Floskeln, die zwar vielversprechend klingen, aber Böses ahnen lassen. „Unser Team ist wie eine Familie“ gilt in verschiedenen Branchen zum Beispiel als Code für: „Deine richtige Familie siehst du bei unseren Arbeitszeiten nur noch selten.“ Da hilft auch der Gratis-Kaffe und der Obstkorb im Gemeinschaftsraum nichts mehr - beides laut diversen Internet-Foren übrigens ein Anzeichen für schlechte Bezahlung.
Ob diese Annahmen tatsächlich stimmen, oder sich einfach nur hartnäckig in den Tiefen des Internets halten, sei dahingestellt. Einen etwas anderen Zugang zu Stellenausschreibungen hat jedenfalls ein Gastronom aus Thal gewählt. Für sein Wirtshaus sucht er Verstärkung. Er bietet weder eine 4-Tage-Woche, noch genau geregelte Arbeitszeiten. Und von einem 8-Stunden-Tag kann man ohnehin nur träumen. Anstatt um den heißen Brei herumzureden, kommuniziert er das offen. Das Inserat wird seitdem in - wo könnte es anders sein - Internet-Foren heiß diskutiert. Und tatsächlich brachte der Wirt damit dutzende Menschen zum Kochen - leider aber nur im übertragenen Sinne.
Ob seine Ehrlichkeit am Ende doch noch belohnt wird, oder er sich damit ins eigene Fleisch geschnitten hat, wird sich noch zeigen. Jedenfalls aber gilt: Wer sich jetzt noch auf die ausgeschrieben Stellen bewirbt, meint es immerhin wirklich Ernst. Und: Lieber durch Ehrlichkeit abgeschreckt, als mit Obstkorb und Kaffee in Teufels Küche gelockt werden.
Claudia Mann