Auf Instagram folgen ihm mittlerweile über 4 Millionen Menschen. Wer sich das Profil von Andrew Tate (35) anschaut, dem präsentiert sich dort das Bild eines wohlhabenden Mannes, der nur allzu gern vor teuren Sportwagen posiert, sich mit teuren Uhren und anderen Luxusartikeln schmückt. Schaut man sich auch seine Videos auf TikTok an und hört sich an, was der junge Mann zu sagen hat, wird dieser Eindruck um Frauenhass erweitert.
So spricht er in einem Video beispielsweise davon, dass Frauen das Eigentum von Männern seien. In einem anderen dass er lieber jüngere Frauen date - diese hätten im Vergleich zu "älteren" Frauen mit weniger Männern geschlafen. Ganz generell sei es für Männer einfacher, auf jüngere Frauen "Einfluss" auszuüben. Tate geht sogar so weit, dass er Frauen die Mitschuld dafür gibt, wenn sie vergewaltigt werden. In einem Video mit dem Titel "How Tate handles his girls" (deutsch: "Wie Tate mit seinen Mädchen umgeht) spricht er davon, Partnerinnen mit Gewalt zum Schweigen und schließlich zum Sex zu bringen. Aber wer ist der Mann, der solche Dinge von sich gibt?
Wer ist Andrew Tate?
Andrew Tate ist ehemaliger Kickboxer und Reality-TV-Teilnehmer (2016 nahm er an "Big Brother UK" teil). Mit 27 habe er - laut eigener Aussage - seine erste Millionen verdient. Damals baute er gemeinsam mit seinem Bruder ein "Webcam"-Studio auf, für das sie gemeinsam Frauen engagierten, die sich leicht bekleidet Kunden vor der Kamera zeigten.
Das hat Andrew Tate Anfang des Jahres dem britischen "Daily Mirror" in einem Interview erzählt. 40 Prozent der Einnahmen seien bei seinem Bruder und ihm verblieben. Um noch mehr Geld zu verdienen, habe er seine "Webcam-Girls" angewiesen, ihren Zuschauern von angeblichen Schulden zu erzählen. Auch von diesem Geld strichen die Tates ihren Anteil an.
Einer breiteren Öffentlichkeit wurde Andrew Tate allerdings erst vor Kurzem bekannt. Nämlich durch seine kontroversen Videos, die er über verschiedene Plattformen wie Instagram, YouTube und TikTok ausspielt. Es handelt sich dabei zumeist um Gesprächs- oder Podcast-Aufnahmen, in denen er seine Meinung zu verschiedenen Themen äußert. Aber wie kommt es, dass er mit solch kontroversen Inhalten solch hohe Reichweiten erzielt? Und das innerhalb weniger Monate?
Ausgeklügelte Strategie für maximale Reichweite
Laut dem britischen Guardian ist seine plötzliche Bekanntheit alles andere als zufällig. Um die Strategie von Andrew Tate besser zu verstehen, sollte man wissen, dass der 35-Jährige vor einigen Jahren die "Hustlers University" gegründet hat. Eine tatsächliche Universität ist das nicht. Vielmehr handelt es sich um eine Art Online-Coaching-Unternehmen im Finanz-Bereich. Auf seiner Website stellt Tate sie mit dem Slogan "I'll teach you how to get rich" (deutsch: "Ich bringe dir bei, wie du reich wirst") vor.
Um in die Geheimnisse des selbsternannten Billionärs eingeweiht zu werden, muss man zunächst aber bereit sein, gegen eine Zahlung von 39 Pfund im Monat Mitglied zu werden. Als Beweis für die Erfolge seiner "Schüler" teilt Andrew Tate auf seiner Website Screenshots vermeintlicher Nachrichten, wonach Mitglieder innerhalb von Stunden sehr viel Geld verdient haben sollen. Über 100.000 "Schüler" zählt die "Hustlers University" mittlerweile.
Was all das mit seinen kontroversen Videos und damit zu tun hat, dass sich diese mittlerweile stark im Internet verbreiten? Laut Beweisen, die dem "Observer" vorliegen, soll Tate seinen Followern ebenso wie seinen "Hustlers University"-Kunden gesagt haben, dass sie das Internet mit seinen Videos überfluten sollen. Um eine maximale Reichweite mit möglichst vielen Reaktionen zu erreichen am besten mit den kontroversesten Clips.
Je kontroverser, desto besser
Das Ergebnis: Mehr als 11,6 Milliarden Mal wurden Videos mit dem Inhalt "Andrew Tate" mittlerweile aufgerufen. Der britische Guardian zitiert Experten, die das Ganze als offenkundigen Versuch werten, Social Media-Algorithmen zu manipulieren. Auf künstliche Weise sei so sein Content angekurbelt worden (unter anderem durch sogenannte "Copycat"-Accounts, also Nachahmungsprofile, die seine Videos weiter verbreitet haben). Innerhalb von drei Monaten habe ihm das einen gewaltigen Ansturm an Followern ieingebracht.
Sucht man auf TikTok nach dem Original-Account von Andrew Tate, findet man eine Vielzahl von Fake-Profilen, die seine Videos ihrerseits wieder weiter verbreiten. Solche "Copycat"-Accounts sind auf TikTok gemäß der Community-Richtlinien der Plattformen übrigens explizit verboten - ebenso wie Frauenfeindlichkeit.
Aktivisten fordern Content-Regulierung von Instagram & Co
Unzählige Aktivistinnen und Aktivisten reagieren unterdessen auf die Videos von Andrew Tate und kritisieren seinen Content als überaus problematisch. Aktivist Matt Bernstein wirft Tate vor, dass dieser seinen (häufig jungen) männlichen Followern beibringe, zu gewalttätigen Frauenhassern zu werden. Es sei beispielsweise "Grooming" (gezielte Kontaktaufnahme von Erwachsenen mit minderjährigen Personen, wobei eine Missbrauchsabsicht verfolgt wird), wenn Andrew Tate in einem Video davon spricht, dass es bei jüngeren Frauen einfacher sei, Einfluss auszuüben.
Gemeinsam mit anderen Aktivistinnen und Aktivisten fordert er Instagram und TikTok auf, Verantwortung für den auf ihren Plattformen ausgespielten Content zu übernehmen. "Videos von Andrew Tate wurden bisher alleine auf TikTok 11,6 Milliarden Mal angesehen. Viele der Videos verletzten Community-Richtlinien, wurden bislang aber nicht entfernt. Warum?", fragt Bernstein...
... und gibt sich selbst eine mögliche Antwort: "Weil Views Profit für TikTok generieren. Deswegen wird TikTok diese Videos weiterhin auf den Feeds junger Männer ausspielen, ohne Rücksicht auf die Konsequenzen zu nehmen, die Frauenhass in der realen Welt haben wird."
Andrew Tate: "Ich bin ein liebender Mann"
Tate selbst hat heute über seine Instagram-Story bekannt gegeben, demnächst große Summen an Wohltätigkeitsorganisationen zu spenden. Er wolle zeigen, dass er ein liebender und netter Mann sei. In seiner Story schreibt er dazu: "I will donate 1,000,000 dollars to charities which support domestic violence against women". Ins Deutsche übersetzt heißt das, dass er an Organisationen spenden wolle, die häusliche Gewalt gegen Frauen unterstützen. Gemeint ist vermutlich, dass er Organisationen unterstützen will, die sich gegen häusliche Gewalt bei Frauen einsetzen.
Außerdem wolle er an Wohltätigkeitsorganisationen spenden, die Männer mit psychischen Problemen unterstütze.
Claire Herrmann