"Auf der Tanzfläche habe ich auf einmal Atemnot bekommen und bin zusammengebrochen": So beschreibt die Sängerin Alison Lewis alias Zoe Zanias auf ihrem Instagram-Account, wie sie im bekannten Berliner Technoclub "Berghain" Opfer einer Spritzenattacke geworden ist. Auch nachdem sie durch medizinisches Personal versorgt worden ist, habe sie sich benommen gefühlt, starke Halsschmerzen und einen vorübergehenden Gedächtnisverlust gehabt. Sie habe schließlich einen Nadeleinstich am Arm gefunden, was auch von einem Arzt bestätigt wurde.
Von "Drink Spiking", also dem unwissentlichen Beimischen von Betäubungsmitteln wie K.o.-Tropfen ins Getränk, haben wohl die meisten schon gehört – "Needle Spiking" hingegen ist wenigen ein Begriff. Betroffenen wird dabei unwillentlich eine berauschende Substanz injiziert. Sie leiden in der Folge an ähnlichen Symptomen wie nach einer Verabreichung von K.o.-Tropfen: Die Opfer – häufig junge Frauen – verspüren Übelkeit und Schwindel, fühlen sich benommen und haben Orientierungsprobleme.
Mysteriöse Spritzenattacken geben Rätsel auf
Bereits Ende letzten Jahres sind zahlreiche Fälle von "Needle Spiking" in Großbritannien bekannt geworden. Die britische Tageszeitung "The Guardian" berichtete von mehr als 1300 Fällen, die der Polizei binnen sechs Monaten gemeldet worden sind. Einen möglichen Zusammenhang mit Straftaten wie sexuelle Übergriffe oder Diebstahl gebe es allerdings in nur 14 Fällen, heißt es vonseiten der Polizei.
Nun kommt es auch im Urlaubsland Spanien immer öfter zu Spritzenattacken. Seit Anfang Juli hat es laut der Zeitung "El Mundo" mindestens 50 Anzeigen gegeben. Was an den Angriffen, die überwiegend auf Musikfestivals, aber auch in Bars und Klubs geschehen, mysteriös ist: Die gestochenen Menschen klagen zwar über Einstichstellen und gesundheitliche Beschwerden – die Vermutung, dass die Täter ihre Opfer unter Drogen setzen, um sie auszurauben oder sexuell übergriffig zu werden, ist in Spanien bisher aber in keinem der angezeigten Fälle bestätigt worden. Das berichten spanische Medien unter Berufung auf die Polizei. Toxine seien bei den Blutproben bisher in fast allen Fällen nicht gefunden worden. Über die Motive der Täter ist daher bisher nichts bekannt.
"Needle Spiking": Spritzenattacken auch in Österreich?
Auf Nachfrage der Kleinen Zeitung heißt es, dass dem Bundeskriminalamt Wien für das österreichische Bundesgebiet derzeit kein Fall von "Needle Spiking" vorliege, bei dem es zu einem Sexual-, einem Gewalt- oder Eigentumsdelikt gekommen sei.
"Freilich bedeutet das nicht, dass es nicht trotzdem zu derartigen Vorfällen gekommen sein könnte", so Pressesprecher Paul Eidenberger. Beispielsweise weil es dem Opfer schlichtweg unbemerkt geblieben ist, nicht als Angriff, sondern als "Zufallsverletzung" gewertet wurde oder trotz tatsächlicher Wahrnehmung nicht bei der Polizei angezeigt wurde.
Bundeskriminalamt: "Wichtig, Vorfälle zu melden"
Auch wenn aktuell keine "Needle Spiking"-Attacken in Österreich aktenkundig sind, rät das Bundeskriminalamt zu Vorsicht: "Es ist extrem wichtig, dass alle Wahrnehmungen (auch die von Zeugen) und sowieso alle konkreten Vorfälle bei der Polizei gemeldet werden." Entweder noch vor Ort in der Disco, indem man den Notruf wählt (133) oder im Nachhinein, indem man eine Polizeiinspektion aufsucht und den Vorfall dort meldet. "Das Credo lautet unmissverständlich: Keine Scheu, den Notruf zu wählen – die Beamten klären sofort und vor Ort die Sachverhalte und setzen die notwendigen Schritte und Maßnahmen."
Aufgrund der Ähnlichkeit der Deliktlage gelten laut dem Bundeskriminalamt dieselben Präventionstipps wie beim Thema K.o.-Tropfen:
Auch das Land Steiermark und die Stadt Graz haben kürzlich die Sensibilisierungskampagne "K.O.mmt mir nicht ins Glas" gestartet. Zudem gibt es in Graz mittlerweile über 50 sogenannte "Luisa-Lokale": Mit dem Codewort "Luisa" (beziehungsweise der Frage "Ist Luisa da?") erhält man dort beim Barpersonal schnell und einfach Hilfe, sollte man sich sexuell belästigt fühlen.
Claire Herrmann