Dass man bei einem Konzert die Hände zum Himmel erhebt, ist an und für sich nichts Außergewöhnliches. Doch als die Sportfreunde Stiller am Freitagnachmittag auf der Bühne standen, war es doch etwas anders. "Die Single ist für alle, die in einem dunklen Loch sind oder jemanden kennen, dem es nicht gut geht", kündigte Sänger Peter Brugger an, als die Formation ihr neues Lied "Wir stellen einen Wächter" anstimmte, in dem sie Depressionen thematisieren. Die Kernaussage? Man muss füreinander da sein.
Füreinander, aber auch für gute Musik, fettiges Essen und erfrischende Getränke sind die Metalheads dieses Wochenende auf den Pannonia Fields. Eine Veranstaltung wie das Nova Rock Festival ist eigentlich ein Ort der Ausgelassenheit und Freude. Sich nach mehr als zwei Jahren Pause ein ganzes Wochenende unbeschwert treiben lassen, das ist das Ziel der Besucherinnen und Besucher. Doch das kann auch etwas auslösen.
Mentale Gesundheit: Auch abseits der Bühne ein Thema
Einige Stunden später wird softer Deutsch-Rock durch härtere Klänge ersetzt: Die italienische Band Måneskin bringt die Pannonia Fields zum Beben. Im Publikum sind auch zwei Männer mit orangen Warnwesten. Bei ihnen handelt es sich nicht um Security-Mitarbeiter; zumindest nicht im klassischen Sinne. Die Beiden sind Teil des Teams der Festival-Seelsorger, die heuer das erste Mal am Nova Rock vertreten sind.
"Festival Seelsorge ist ein Angebot von der katholischen und evangelischen Kirche gemeinsam", sagt Matthias Zauner, der für die Diözese Linz arbeitet. "Ziel ist, dass wir den Leuten, die Redebedarf haben, einfach zuhören und für sie da sind."
Zauner im Videointerview
Die meisten Gespräche sind kurzweilig, nett und unspektakulär, wie Zauner erzählt. "Aber manchmal nehmen die Leute den Anlass, um sich den Kummer von der Seele zu reden. Auch in Zusammenhang mit Alkohol, der ganzen Euphorie und der Emotionalität, die auf so einem Festival entsteht, kommen da manchmal Themen hoch." Bei heiklen Situationen arbeitet das Seelsorge-Team, bestehend aus 14 Personen, mit den Blaulichtorganisationen zusammen: "Da schauen wir dann, dass wir das Rote Kreuz oder das Kriseninterventionsteam, das ja auch die ganze Zeit hier ist, was ich super finde, miteinbinden."
Manchmal tut es den Menschen aber auch schon gut, belanglos über das Wetter und die Qualität des Schuhwerks zu reden, wie Zauner weiß. Das war vor allem am Donnerstag oft der Fall. Aber in weiterer Folge wird dann auch oft über Herausforderungen gesprochen, die die Festival-Besucherinnen und -Besucher aktuell beschäftigen. "Zum Beispiel über den Freund, um den sie sich Sorgen machen, weil es ihm nicht gut geht", sagt Zauner. Während er spricht, kommen immer wieder Festival-Besucher auf seine Kollegen und Kolleginnen zu, setzen sich auf die Liegestühle und tauschen sich aus. Im Hintergrund dröhnt der Bass. Es ist ein ungezwungener Austausch bei entspannter Atmosphäre.
Aber was genau kann am Festival Auslöser für Redebedarf sein? "Vielleicht liegt es daran, dass man einfach aus vollem Herzen tut und lebt. Dann freut man sich, springt herum und kommt vielleicht auch drauf, was einem am eigenen Leben grad nicht so taugt", sagt Zauner. "Aber wir freuen uns natürlich auch, wenn die Menschen einfach kommen und uns erzählen, wie geil es hier ist."
Claudia Mann