Was haben „Minecraft“, „Fortnite“ und „Baldur‘s Gate 3“ gemeinsam? Alle diese Millionenhits erschienen lange vor ihrem Release in einer sogenannten „Early-Access-Version“. Monate oder sogar Jahre tüftelten die Entwickler teilweise mithilfe der Fans an ihren Spielen, bis sie marktreif waren. Doch nicht hinter jedem Early-Access-Spiel steckt ein garantierter Hit. Experten haben drei Spiele getestet und finden: Die sind von Anfang an ihr Geld wert.

„The Rogue Prince of Persia“

„Prince of Persia“ ist eine Videospiellegende. 1989 von dem US-amerikanischen Spieleentwickler Jordan Mechner erfunden, haben sich bereits Millionen Fans durch das Original und die zahlreichen Fortsetzungen gekämpft. Nach dem erfolgreichen „Prince of Persia: Lost Kingdom“ wagen Publisher Ubisoft und das Entwicklungsstudio Evil Empire mit „The Rogue Prince of Persia“ einen ungewöhnlichen Neuanfang für die beliebte Reihe.

Zunächst ist alles wie gewohnt. Die Spieler rennen, hüpfen und kämpfen sich in der Seitenansicht durch die verschlungenen Gänge und Tunnel eines Palasts. Zahlreiche Waffen erleichtern das Abenteuer und ein Händler versorgt den Prinzen mit nützlichen Hilfsmitteln. Doch etwas ist diesmal anders: Nach dem Bildschirmtod wird jeder Raum neu gestaltet und das Abenteuer beginnt von vorn. Nur ein paar Waffen und Gegenstände darf der Prinz behalten. Dieses Spielprinzip ist abwechslungsreich, aber auch manchmal frustrierend, wenn die Spieler immer wieder an den Anfang zurückgeworfen werden.

Die Early-Access-Version bietet schon jetzt ein ausgereiftes Spielerlebnis. Die Kämpfe sind herausfordernd und die Steuerung präzise. Dazu zeigt die Comicgrafik flüssige Animationen und hübsche Effekte. Bis jetzt fehlt es nur an Inhalt - das Abenteuer ist schnell vorbei. Das Entwicklungsstudio hat angekündigt, dass sich bis zum Release der spielerische Umfang verdoppeln soll. Hält das Studio das Niveau der Early-Access-Version, dürfte einem perfekten „Prince of Persia“-Abenteuer nichts mehr im Wege stehen.

Fazit: Spielenswert, weil gelungenes Comeback. Ein abwechslungsreiches Abenteuer für Gamepad-Akrobaten.

„Manor Lords“

Ein Mann, eine Mission. Wo bei populären Aufbaustrategie-Spielen wie „Anno 1800“ hunderte von Entwicklern beschäftigt sind, versteckt sich hinter „Manor Lords“ nur der Entwickler Greg Styczen. Er will mit seinem One-Man-Studio Slavic Magic der Konkurrenz das Fürchten lehren. Der Start ist gelungen: „Manor Lords“ hat sich in wenigen Wochen bereits zwei Millionen Mal verkauft.
„Manor Lords“ ist eine realistische Städtebausimulation im Mittelalter. Die Spieler bauen erste Hütten, legen Straßen an und bringen langsam Handel und Produktion in Gang. Mit der Zeit entwickeln sie neue Technologien und vergrößern ihr Reich. Aber Vorsicht: In der Nachbarschaft lauern konkurrierende Reiche und gierige Banditen. Oft müssen die Spieler ihre Strategie anpassen. Fehlende Rohstoffe müssen dann über Handel besorgt werden. Toll: Der Schwierigkeitsgrad ist individuell anpassbar.

„Manor Lords“ ist ein Rohdiamant. Momentan fehlt eine gelungene Einführung für Genre-unerfahrene Spieler. Die visuelle Gestaltung ist nüchtern und detailarm. Die Stärke des Spiels liegt in seinen komplexen Spielmechaniken und seiner realistischen Darstellung mittelalterlichen Städtebaus. Mittlerweile hat Solo-Entwickler Stycen einige Programmierer engagiert, um die Mammutaufgabe fehlerfrei zu meistern. Wer sich die Zeit für den Einstieg nimmt, darf sich deshalb auf einen Genre-Hit für Aufbaustrategiefans freuen. Ambitioniert, herausfordernd und komplex.

Fazit: Spielenswert, weil ein echter Genre-Hit für Aufbaustrategiefans. Anspruchsvoller Städtebau, der Platzhirsch „Anno“ mächtig Konkurrenz macht.

„Hades 2“

In „Hades 2“ jagt Supergiant Games eine Prinzessin durch die griechische Götter- und Mythenwelt. Der Vorgänger gewann 2020 mehrere Spielepreise und verkaufte sich über eine Million Mal. Von einem möglichen Erwartungsdruck ist in der Fortsetzung nichts zu spüren. „Hades 2“ spielt sich genauso so temporeich und flüssig wie der Vorgänger und verwöhnt die Spieler mit einer spannenden Geschichte.

In „Hades 2“ kämpfen sich die Spieler aus der Vogelperspektive durch verschiedene Räume mit großen und kleinen Gegnern, bis sich irgendwann ein Tor zu einem der Endgegner öffnet. Das klappt nie auf Anhieb. Nach jedem Bildschirmtod geht es zurück zum Anfang und jeder Raum wird neu gestaltet. Mit den bis dahin gewonnen Schätzen dürfen die Spieler aber neue Waffen und Hilfsmittel freischalten, die ihr Abenteuer bei jedem neuen Versuch leichter macht. Vom Magierstab über Äxte bis zu flinken Angriffen mit tödlichen Dolchen bietet das Spiel unterschiedliche Wege die Gegner auszuschalten.

„Hades 2“ macht keine Kompromisse. Blitzschnelle Hiebe folgen auf riskante Ausweichrollen während von jeder Seite die Feinde angreifen. Zeit zum Luftholen bleibt da kaum. Die Fans des Vorgängers kennen das, Neulinge sollten sich vielleicht einen Beruhigungstee bereitstellen. „Hades 2“ ist ein Fest der Geschwindigkeit, das noch größer wird. Supergiant Games hat angekündigt, dass sie „Hades 2“ mit neuen Gebieten und Waffen ergänzen werden. Alles in enger Zusammenarbeit mit den Fans – Early Access, wie es sein soll.

Fazit: Spielenswert, weil ein temporeiches Action-Abenteuer aus der griechischen Götterwelt für alte und neue Fans.