Ab und zu hört man die Kaffeemaschine, das Klicken der Tastaturen oder leise Telefongespräche. Es ist noch relativ ruhig in der Grazer Redaktion der Kleinen Zeitung, als ein Kollege aus Kärnten an diesem Morgen aufgeregt anruft: „Habt ihr den Hype um diesen H&M-Fetzen mitbekommen?“ Dieser Trend war schwer zu übersehen, auf TikTok werden die Beiträge von Hunderttausenden angeklickt. Er war aber genauso zu spüren, denn das Kleidungsstück ist nahezu überall ausverkauft.
Glitzer, funkel mit Schleife oben drauf
Es geht um ein kurzes, weißes, komplett mit Pailletten besetztes Kleid in A-Linie. Mit tiefem Rückenausschnitt und einer großen schwarzen Schleife am Rücken. Laut den Reaktionen in den sozialen Medien sei es das perfekte Partykleid für Weihnachten und Neujahr, es erinnere außerdem an den Stil der gut situierten Blair Waldorf aus der US-amerikanischen Serie „Gossip Girl“. Das Kleid sei ein Traum und „H&M understood the assignment“ (auf Deutsch: „H&M hat den Auftrag verstanden“). Bessere Werbung für den Verkauf und für die Fast-Fashion-Marke gibt es also kaum.
Nur mehr Restgrößen verfügbar
Die Kollektion, mit der auch das Kleid erschienen ist, war ab dem 9. November erhältlich. Innerhalb weniger Tage war das Kleid in vielen Filialen ausverkauft. Zwar äußerte sich Susanne Bazzigotti, Sprecherin von H&M, nicht zu den Lagerbeständen, ein Blick auf die Website des Modehandels verrät aber, dass das Kleid österreichweit nur mehr in einzelnen Größen und wenigen Standorten zu finden ist.
Jener Kollege aus Kärnten, der die Grazer Redaktion aufgeregt kontaktiert hat, hat das letzte Kleid in einer Kärntner Filiale erwischt. Nachdem seine Tochter ihn darum gebeten hatte, die Klamotte zu kaufen. In ganz Kärnten sei das Kleid kaum bis gar nicht zu finden und es soll auch nicht nachgeliefert werden, habe er sich von einer H&M-Mitarbeiterin sagen lassen.
Auch eine Grazer Kollegin hat versucht, das Kleid zu bekommen, nachdem sie es auf TikTok gesehen hatte. Eines der letzten Stücke in einer Grazer Filiale kann sie jetzt ihres nennen. Dass es bereits viral gegangen war, habe sie erst bemerkt, als sie die Anzahl der Videos auf TikTok sah und als sie es sowohl in den Geschäften als auch im Onlineshop nicht mehr finden konnte. Aber so wie das Kleid der Tochter des Kärntner Kollegen, hatte auch dieses nicht die richtige Größe.
Aus 60 Euro werden 170 Euro
Auch wenn das Kleid nicht richtig passt, zurückgegeben wird es nicht. Und das aus gutem Grund. Mittlerweile tauchen nämlich immer mehr Anzeigen auf virtuellen Marktplätzen wie Willhaben, Ebay oder Vinted auf. Die Preise sprechen für sich, das Kleid wird teilweise um 170 Euro angeboten. Zum Vergleich: Der ursprüngliche Verkaufspreis liegt bei 60 Euro.
Warum das Kleid fast überall vergriffen ist, erklärt Bazzigotti mit dem zeitlosen Design, das für eine Vielzahl von Anlässen passen soll. Es komme außerdem immer wieder vor, dass einzelne Designs schnell ausverkauft sind, vor allem bei Kooperationen mit Designerinnen oder Designern sowie bei den H&M Studio-Kollektionen.
„Das Kleid, das allen passt“
Es ist also nicht das erste Mal, dass ein Produkt von H&M viral geht. Erst vor ein paar Wochen, zum Start der Herbst/Winter Kollektion 2023, hat ein Strickkleid Wellen in den sozialen Medien geschlagen. Es wurde schnell zum „Kleid, das allen passt.“ Lange konnte sich der Trend aber nicht halten. Für den sehr kurzen Rock und die körpernahe Passform hat sich dann doch nicht jede und jeder begeistern können.
Warum genau ein Kleid viral geht, kann sich aber niemand so richtig erklären. H&M ist damit nicht allein, dass Produkte oder Kleidung Millionen Klicks auf Social Media generieren. Ob ein Topf, ein Teppich oder ein Kleid, hin und wieder wird der Verkauf auf TikTok, Instagram und Co. angeheizt. Durch eine noch nicht ganz durchschaubaren Kettenreaktion, die durch das Veröffentlichen, Liken oder Teilen von ein paar Leuten ausgelöst wird. Auch ganz ohne bezahlte Werbeeinschaltungen oder Influencerinnen und Influencer, die von Marken gesponsert werden.
Das ging auch viral