Die weißen, schmalen Pistenbänder mit der Frühlingsvegetation links und rechts und dem Rettungshubschrauber oben drüber: prägendes Bildmotiv der ersten Woche im Jahr. Draußen an der Hausmauer die ersten Frühblüher: gelbe Primeln, Bestätigung durch die Kundigen im Haushalt. Die Primel ist die erste große Blüte, die uns im Frühling anlacht, weiß das Netz, sagt aber nicht dazu, dass der Frühling neuerdings schon mit Dreikönig loslegt.
Primel ist deutsch für Primula, was übersetzt so viel heißt wie die Erste des Frühlings. Eh. Die Gleichgewichtsstörung der Natur: Tagesthema für die morgige Ausgabe, vielleicht schicken Sie uns ein paar Entdeckungen aus Ihrem Garten oder von Spaziergängen unterwegs, ich stell´ meine gelben Primeln dazu und wir machen eine hübsche, verstörende Fotogalerie.
Draußen die verschobene Natur, drinnen die letzte Weihnachtskorrespondenz mit der nahrhaftesten Zuschrift obenauf, der alljährlich mit Neujahrswünschen übermittelten Zitatesammlung des Universalwissenden Herwig Hösele. Mit seiner Billigung darf ich meine persönlichen Lieblingsstellen an die Abonnenten und Abonnentinnen der „Morgenpost“ (noch immer verlobt oder schon mehr?) zur Inspiration fürs lange Wochenende und darüber hinaus weiterleiten.
Politik ist die angewandte Liebe zur Welt. (Hannah Arendt)
Vertrauen ist eine zarte Pflanze (Primel?). Ist es zerstört, kommt es so bald nicht wieder. (Bismarck)
Kein Abschied auf der Welt fällt schwerer als der Abschied von der Macht. (Talleyrand)
Immer noch haben die die Welt zur Hölle gemacht, die vorgeben, sie zum Paradies zu machen. (Hölderlin)
Besonders wichtig ist staatsmännische Führung in Übergangszeiten, wenn Werte und Institutionen ihre Bedeutung verlieren und die Umrisse einer lebenswerten Zukunft umstritten sind. In solchen Zeiten sind Führungsfiguren aufgerufen, kreativ und diagnostisch zu denken. (Kissinger)
Die offene Gesellschaft ist auf lange Sicht die überlegene. Die westlichen Gesellschaften waren lernfähig, und sie waren letztlich schneller lernfähig als die Diktaturen und Autokratien. Nur wenn Politiker wegen dieser Sorgen unüberlegt und allein vom Meinungsklima getrieben gegen bessere Einsicht handeln, dann haben sie ihren Beruf verfehlt, denn Politik muss führen und erklären und sich dann einem Votum stellen. Wer gut erklärt, befördert Einsicht in das Notwendige oder ebnet den Weg für einen öffentlichen Diskurs über Alternativen. (Udo Di Fabio)
Identitätspolitik, die Menschen auf bestimmte geschlechtliche oder ethnische Merkmale festlegt und sie einer vermeintlich homogenen Gruppe zuordnet, war immer schon Terror und ist es auch in ihren heutigen Ausformungen geblieben, ob links oder rechts, ob religiös oder nationalistisch, ob rückwärtsgewandt oder emanzipatorisch gemeint, und häufig genug mündet sie in physische Gewalt. (Navid Kermani)
Was Political Correctness betrifft: Ich mache mich natürlich nicht über politisch korrekt denkende Menschen lustig, ich möchte auch selbst politisch korrekt sein, aber manchmal ufern Dinge ins Extreme aus. Da fehlt aber oft jedwede Selbstkritik. Das ist nicht gut. Doch zumindest haben jene, die versuchen, politisch korrekt zu sein, eine gewisse Ethik. Ich respektiere diese Menschen und versuche, ihnen in vielem zu entsprechen. Aber diese Extreme? Ich weiß nicht. (Orhan Pamuk)
Nur Dummköpfe wissen auf alle Fragen eine Antwort. (John Irving)
Die Wettbewerbsfähigkeit eines Landes beginnt nicht in der Fabrikshalle oder im Forschungslabor. Sie beginnt im Klassenzimmer. (Henry Ford)
Es gibt kein wahrhaft wertvolles Talent ohne die folgenden Eigenschaften: Mitgefühl für die unterdrückten Menschen. Liebe zum Guten. Hass gegen das Böse. Und: Mut, das Mitgefühl für die Schwachen, die Liebe zum Guten, den Hass gegen das Böse auch laut und unzweideutig, also deutlich, zu verkünden. (Joseph Roth)
Die höchste Form der Bewunderung: Neid. (Martin Walser)
Es ist höchste Zeit, dass wir uns wieder zusammenraffen und sagen: Europa ist wieder da, der Westen ist wieder da, eine liberale Agenda für die Freiheit ist wieder da. (Timothy Garton Ash)
Demokratie und Freiheit haben eine inhärente subjektive Seite. Sie sind abhängig von menschlichen Entscheidungen, von menschlichen Charakteren. Sie sind manchmal buchstäblich von Mut abhängig. Ohne persönliches Risiko funktioniert Demokratie nicht. (. . .) Die Ukrainerinnen und Ukrainer haben gezeigt, dass Demokratie von der ethischen Verpflichtung und der Bereitschaft, ein Risiko einzugehen, getragen wird. Das gibt der Demokratie die Chance, sich zu erneuern. Nicht nur in der Ukraine. (Timothy Snider)
In der analogen und digitalen Zeitung zwei Empfehlungsstücke zum entschleunigten Lesen: die Reportage von Stefan Winkler aus Rom über die historische Verabschiedung eines früheren Papstes durch den gegenwärtigen und der Nachruf von Hubert Gigler auf Rosi Mittermaier, eine der ersten weiblichen Ikonen des Schirennsports. Von manchen Menschen bleibt als größte Lebensleistung ihr Lachen - wie es sich übertrug und beim Anblick noch immer überträgt.