Das industrielle Zeitalter geht dem Ende zu. Das betrifft die fossile Energiegewinnung, aber auch die Organisation der Gesellschaft. Ganz wesentlich gehört dazu die Frage nach dem Stellenwert der Arbeit. Der aktuelle Mangel an Fachkräften und Klagen über eine nachlassende Arbeitsmoral sind für manche Symptome einer tief greifenden Krise. Die Vorstellung, dass uns erst lebenslange Lohnarbeitsverhältnisse zu vollwertigen Menschen machen, ist allerdings an eine Welt gebunden, die keine anderen Formen menschlichen Tuns kennt als die Arbeit. Wie sehr uns diese Einstellung in Fleisch und Blut übergegangen ist, zeigt sich darin, dass wir nicht nur unsere Erwerbstätigkeit, sondern auch unsere privaten Aktivitäten als Arbeit auffassen – Formulierungen wie "Beziehungsarbeit" oder "Arbeit an sich selbst" zeugen davon.
Konrad Paul Liessmann