Jetzt wirbt also nach der Arbeiterkammer auch der Präsident der Wirtschaftskammer mit flammenden Plädoyers für mehr Betreuungsplätze für Kinder unter drei Jahren. Der Ausbau müsse, fordert er, jetzt „endlich in die Gänge kommen“. Bravo! Wir können sie brauchen – eine qualitativ hochwertige Betreuung mit dem entsprechenden Betreuungsschlüssel von einer Pädagogin für drei Kleinkinder. Alles andere hat der prominente Neurobiologe Gerald Hüther bereits vor Jahren als eine Form der Kindesmisshandlung eingestuft.

Ob der Eifer der Wirtschaftskammer auf das Wohl der einjährigen Kinder abzielt oder eher auf das Arbeitskräftereservoir der bislang nicht berufstätigen Mütter? Letzteres wird eher der Fall sein. Wer hat schon je in Zeiten hoher Arbeitslosigkeit nach den Müttern gerufen! Wobei: Das eine muss das andere nicht ausschließen. Ein schneller Ausbau sei, meint WK-Präsident Mahrer, „ein Gewinn für alle“ - für die Kinder, die ein „gutes Fundament für ihre Entwicklung“ bekommen, für die Eltern, die dann echte Wahlfreiheit hätten und die Gesellschaft, weil es mehr Arbeitskräfte geben würde. Er hätte noch die oft prekäre wirtschaftliche Situation von Müttern erwähnen können, die aufgrund langer Karenzzeiten später in der Pension den Preis für die Kinderbetreuung zahlen. Wobei da fairerweise ergänzt werden müsste, was in Vergessenheit gerät. Die ersten vier Jahre der Kindererziehung werden seit der letzten großen Pensionsreform pensionsbegründend angerechnet.

Bleibt die Frage, wie viele Mütter wirklich aufgrund fehlender Kinderbetreuungsplätze nicht erwerbstätig sind und wie viele sich ganz bewusst dafür entscheiden, bis zu 24 Monate quasi hauptberuflich als Mutter ihr Kind zu betreuen. Was die wenigsten hören wollen: die große Mehrheit entscheidet sich in allen Umfragen unabhängig von der Betreuungsfrage freiwillig und ganz bewusst dafür, länger beim Kind zu bleiben.  Und zum Leidwesen der Wirtschaft beträgt die Teilzeitquote selbst bei Müttern mit bereits fünfjährigen Kindern immer noch 71,6 Prozent. Also was tun, wenn die Mehrheit sich der Moderne verweigert und ruft „Sagt uns nicht, wie wir unsere Kinder betreuen sollen“?  Oder wie es der Präsident des Familienverbandes auf den Punkt bringt: „Das ist die Rushhour des Lebens, in der Eltern keine Zurufe aus der Wirtschaft oder Politik brauchen, wie sie was zu machen haben.“

Bleibt noch die Zweitfrage: Was unternimmt die Wirtschaft, um die Karenz auch für Männer attraktiver zu machen? Da könnte auch die Wirtschaft stärker in die Gänge kommen!

Stichwort Wirtschaft: Im Exklusivinterview mit unserer Zeitung verspricht Finanzminister Magnus Brunner in der heutigen Ausgabe, dass es trotz der hohen Schulden zu keinem Sparpaket kommen wird. Und er verrät, dass er mit Karte zahlt - und seine Frau mit Bargeld.

Einen schönen Donnerstag mit hoffentlich genügend Zeit für Ihre Kinder wünscht Ihnen