„Die Ehe ist jene Beziehung, in der eine Person immer recht hat und die andere der Ehemann ist.“ Ein Gedanke, der vielleicht manchen kam, als Gesundheitsminister Johannes Rauch Dienstagnacht in die ZiB 2 ausrückte, um die Aufhebung der Corona-Quarantäne selbst gegenüber seiner Ehefrau zu verteidigen. Außerhalb von Vorarlberg war bis zu diesem Zeitpunkt kaum jemandem bewusst, dass Rauch, der vom grünen Landesrat am Bodensee in den Schleudersitz des Gesundheitsministers hinaufbefördert wurde, mit Gabriele Sprickler-Falschlunger, der SPÖ-Parteichefin im Ländle, verheiratet ist. Kein Glamour-Paar, das sich in den "Seitenblicken" tummelt, dafür aber Protagonisten einer ungewöhnlichen Mischehe: Er in der Regierung, sie in Opposition. Dass die beiden in politischen Fragen bisweilen unterschiedlich ticken, war wohl nur vor dem Arlberg bekannt. Erst als die rote Landeschefin und Allgemeinmedizinerin das Aus für die Quarantäne via Twitter als Fehler brandmarkte und nachlegte, der Minister hätte die Folgen von Long Covid nicht bedacht, bekam Österreich die Differenzen im Hause Rauch erste Reihe fußfrei serviert.
Meinungsverschiedenheiten, die Herr Rauch auch bestens aus seinem Ministerium kennt, das er bislang in abenteuerlichem Zick-Zack-Kurs führt: Bei Amtsantritt im März noch den Hardliner mimend, der laut überlegte, ob er das zahnlose Gesetz über die Impfpflicht nicht scharf stellen solle, beschloss er wenig später ansatzlos dessen vorläufiges Aussetzen um sich wieder anschließend zur endgültigen Abschaffung durchzuringen. Ohne Not verfügte er nun für Ende Juli auch das Ende der Absonderung von positiv Getesteten. Ein Kurswechsel, der nie sauber oder durchgängig erklärt wurde, Musterbeispiel verfehlter Kommunikationspolitik.
Ob das ab morgen geltende Quarantäne-Aus sachlich der richtige Schritt war, wird sich erst in den nächsten Monaten weisen. Nicht wenige Berater, die diesmal vielleicht ungehört blieben, warnen vor einer neuen, weit schlimmeren Infektionswelle. Der Ton wird wieder schriller, die Politik verbeißt sich in das Thema. Kritik kommt nicht nur von der Opposition, sondern gleichfalls aus den Reihen der Regierungsparteien. Dort dämmerte nun plötzlich der Wiener Wirtschaftskammer, dass mit Einklappen des staatlichen Schutzschirms ab sofort wieder die Firmen selbst allen Infizierten, die zu Hause bleiben, den Lohn fortzahlen müssen.
Wie vergiftet das Klima wegen der nun zweieinhalb Jahre dauernden Corona-Pandemie ist, zeigt exemplarisch auch der kleinliche Streit um Details der Maskenpflicht für Infizierte. Extremfälle werden zur Staatsaffäre aufgeblasen, Österreich diskutiert das Mundnasenschutztragen beim Schwimmen und beschreitet wieder genüsslich den Weg nach Absurdistan.
Es wird ein heißer Herbst, nicht zuletzt für das Ehepaar Rauch. Denn sollten sich die Hoffnungen auf eine Virusberuhigung zerschlagen und die Spitäler nach (oder wegen) des Quarantäne-Endes wieder an die Überlastungsgrenze gelangen, könnte dies auch das Aus für Österreichs dritten grünen Gesundheitsminister bedeuten.
Einen schönen Sonntag wünscht