Mit 17 hat man ja noch Träume. Meine spielten auf einer griechischen Party-Insel, den Trip dorthin wollte ich erstmals selbst finanzieren. Die Suche nach einer hinreichend lukrativen Ferialbeschäftigung war schnell erfolgreich: In der Kultkonditorei des Großonkels im kleinen Kirchberg bei Kitzbühel sollte der Rubel rollen. Außerdem würde man zwischen Kuchen, Keksen und Kakao wohl auch als Servierkraft ein halbwegs erträgliches Dasein fristen.
Ich war vielleicht ein wenig naiv. Denn schon am ersten Wochenende brach der Kirchtag über Kirchberg herein. Mein Trachtenoutfit saß, das Kopfrechnen weniger. Nachdem ich mehreren Gästen Tortenstücke in Höhe eines Kleinwagens erlassen hatte, dirigierte mich die Großtante in den improvisierten Biergarten um. „Dort drüben haben alle Gulasch bestellt, legst ihnen halt ein paar Semmeln auf die Tisch.“ Gesagt, getan. Ich legte Semmeln auf die Tische, jeweils fünf Stück, schön kranzförmig in die Mitte. Ob ich von der segensreichen Erfindung eines Brotkörberls schon einmal gehört habe, sollte man mich später fragen. Da war ich bereits in der Kinderecke notgelandet - wenigstens dort wusste man meine fantasievollen Eisarrangements zu schätzen . . . Am Ende des Tages wurde ich von der resoluten Großtante wieder nachhause geschickt, mit den besten Wünschen und der Empfehlung, es doch einmal als Zeitungsausträgerin zu versuchen.
Heute würde sie sich wohl dreimal überlegen, eine so motivierte Zukunftshoffnung wegen kleiner Pannen aufzugeben. Dem Tourismus fehlen 35.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, vielerorts wird händeringend nach Personal gesucht. „Seien Sie nett zu unseren Kellnern – sie sind schwerer zu finden als Gäste“, affichieren erste Betriebe, während andere mit ungewöhnlichen Goodies um Servicekräfte buhlen: Vier Tage-Wochen, Extra-Urlaub, mehr Gehalt und vereinzelt sogar Kinderbetreuungsangebote sollen endlich wieder Fachpersonal in die pandemiegeplagte Branche spülen. „Früher war der Gast König, jetzt ist auch der Mitarbeiter König“, bringt Johann Spreitzhofer, Bundesobmann der Hotellerie, das neue Kräfteverhältnis auf den Punkt. Corona hat den Tourismus und seine Protagonisten nachhaltig verändert: Tausende Mitarbeiter wechselten in ertragreichere Sparten, darunter viele Arbeitskräfte aus dem Ausland, die wiederholt um eine Einreisebewilligung bangen mussten. Zudem hinkt auch die Nachwuchsförderung hinterher, denn Lockdowns und das anhaltend schlechte Image der Branche ließen den Personalfluss weitgehend versiegen.
Diesen Turbulenzen zum Trotz erwartet der Fremdenverkehr im heurigen Sommer endlich wieder eine gute Saison. Das Land lechzt nach Urlaub. Die Buchungslage hat bei vielen Touristikern Jubelrufe ausgelöst, hoffentlich sind es keine verfrühten. Denn als Unsicherheitsfaktor fungiert vor allem die Teuerung: nach der Energie und den Lebensmitteln klettern auch die Preise für Essen, Trinken, Schlafen und andere Dienstleistungen in lichte Höhen. Es bleibt abzuwarten, ob die Gäste dies ohne Protest und Abstriche hinnehmen werden. Allfällige Unmutsbekundungen sollten sie aber besser nicht ans Servicepersonal richten.