Gestern Post von der Regierung bekommen. Keine namentliche Anschrift, kein namentlicher Absender. Es ist ein Brief an die Geimpften und Ungeimpften. Das Land hat es nicht so mit der flinken digitalen Datenerhebung und der Unterscheidung, daher geht das Schreiben an jeden Haushalt. Der Streuverlust ist beträchtlich, er wird schon im zweiten Absatz einbekannt: Mehr als sieben von zehn in Österreich Lebenden haben sich impfen lassen und damit einen „entscheidenden Beitrag zum Schutz der eigenen Gesundheit und der ihrer Mitmenschen geleistet“. Fast alle von ihnen seien doppelt geimpft.

Auf der Rückseite wird die perspektivische Notwendigkeit der eingeführten Impfpflicht erläutert. Ein Gesetz, das normativ zwar sofortige Wirkung hat, aber pro futuro ausgerichtet ist, gehüllt in einen Rahmen, der mithilfe eingewobener Verordnungen ein schnelles situationselastisches Handeln erlaubt, sei es ein Hochfahren oder Aussetzen. Vorausgesetzt, ein solches perspektivisches Gesetz wird vom Verfassungsgericht anerkannt. Nicht unerheblich dafür ist die Bildung einer neuerlichen Kommission als wissenschaftsbasierte Steuerungsinstanz. Es dürfte so die vierte oder fünfte sein. Warum die jetzt erst, vom Sessellift in Osttirol aus, hastig zusammentelefoniert wird, unter der Leitung des Kanzleramtes und mit hektischer Einbindung von SPÖ und Neos, ist etwas rätselhaft, wie so vieles, das gerade im Land abgeht.

Der Aufruf „Helfen Sie mit, um uns allen die langersehnte Rückkehr in einen gewohnten Alltag zu ermöglichen“ hat den mehrfachgeimpften Adressaten gestern Abend dann weniger inspiriert als die Neugier, ob das schmucklose Regierungsschreiben auch den 15. März kommuniziert und bestätigt, den Tag, ab dem kontrolliert und gestraft werden soll, als Beifang auf der Straße oder so. Nur: Vom 15. März ist in dem Brief nicht mehr die Rede. Es heißt dort nur: „Wer der Impfpflicht nicht nachkommt, muss künftig mit Verwaltungsstrafen rechnen.“ Künftig.

An dieser Stelle liest sich die Epistel wie der kurze Brief zum langen Abschied. Nicht von der Impfpflicht als solcher, wohl aber von der fixierten Zeitachse. Man stellt das Gesetz scharf, wenn der Herbst naht, das Einfallstor für neues Ungemach. So wird es wohl kommen, und vermutlich ist es auch klug so. Bis dahin wird man dann schon ein Datenregister haben und nicht mehr anonyme Briefe „an einen Haushalt“ schreiben müssen.

Dafür anhaltende Exzellenz im Fernöstlichen: Morgenstund hat Silber im Mund.

Einen glanzvollen Tag wünscht