Hätten wir es „derwartet“, dann wäre erst heute der bewusste Tag: Der Terroranschlag auf die USA zu 9/11 jährt sich kalendermäßig zum 20. Mal. Aber wie es oft ist bei bedeutsamen Jahrestagen, bei erfreulichen und bei tragischen: Wochenlang wurde im Vorfeld das Thema medial derart intensiv rauf- und runtergespielt, dass im Grunde jeder schon genug hat und niemand mehr etwas darüber hören will. Auch die Kleine Zeitung konnte sich diesem Sog der Ungeduld nicht entziehen und nahm die Gefahr verfrühter Sättigung in Kauf. Seit Tagen haben wir Ihnen aus allen erdenklichen Blickwinkeln Erinnerungsgeschichten, Analysen und Hintergründe zu den tragischen Ereignissen geliefert.

Es ist also alles gesagt, und wenn es dann endlich so weit ist und der Gedenktag wirklich anbricht, entsteht manchmal eine journalistische Verlegenheit: Ausgerechnet heute kann man das Ereignis ja nicht ignorieren, aber man hat auch nicht mehr wirklich etwas Neues zu erzählen. Doch es gibt Auswege aus dem Dilemma. Eine besonders gelungene Variante dürfen wir Ihnen heute digital präsentieren: Unsere Kollegin Manuela Tschida-Swoboda aus dem außenpolitischen Ressort hat den renommierten US-amerikanischen Fotojournalisten Steve McCurry interviewt. Er ist seit mehr als 40 Jahren weltweit tätig und war 15 Minuten entfernt, als die Flugzeuge ins World Trade Center krachten. Aus diesem Gespräch und aus einer Collage von McCurry-Fotos hat sie einen exquisiten, berührenden Filmbeitrag gestaltet.

„Es war wie eine Vision der Hölle“, erinnert sich McCurry an das Geschehen. Und mit Blick auf die Zukunft stellt er nachdenklich die Frage, ob sich die Menschen genügend darum bemühen, das Richtige zu tun. Auf jeden Fall richtig ist es, diesen feinen, nicht einmal fünf Minuten langen Streifen anzusehen, der Maßstäbe für multimedialen Journalismus setzt (Kamera: Manuel Mellacher, Schnitt: Maximilian Thaler). Und wer auf den Geschmack kommt, kann ja weit über 9/11 hinausgreifen und sich die Ausstellung „Colours“ mit den besten McCurry-Bildern in der Messehalle Graz ansehen. Die Schau, die von Christian Jungwirth und Birgit Enge kuratiert wird, läuft noch bis Anfang Oktober.  

Einen beschaulichen Tag wünscht