Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) sagte einer deutschen Zeitung: „Es gibt keinen Grund, warum ein Afghane jetzt nach Österreich kommen sollte.“ Er schaut offenbar wenig Nachrichten. Dass religiöse Fanatiker das Land um Jahrhunderte zurückwerfen, dass nicht nur Frauen massiv um ihre Rechte besorgt sein müssen, dass Leute sich an Flugzeuge klammern, wären Indizien, um Handlungsbedarf zu erkennen.
Egal, wie viel Taktik hier waltet, egal, wie viel Kalkül hinter Nehammers Aussagen stehen mögen. Der Satz wirft die Frage auf, wie viel „Realismus“ die Realpolitik noch verträgt. Wie zynisch und spitzfindig werden die Verteidiger europäischer Werte noch werden, um anderen diese angeblich universellen Werte zu verwehren?
Dass man auf Menschenrechte pfeift, wird nicht einmal mehr verschleiert. Nehammer sagte: „Wenn Abschiebungen aufgrund der Grenzen, die uns die Europäische Menschenrechtskonvention setzt, nicht mehr möglich sind, müssen wir als Europäische Union Alternativen andenken“. Übersetzt: Wenn die politische Praxis Menschenrechte verletzt, müssen sich andere Wege finden, diese Grenzen überschreiten zu können.
Politiker, die nicht weiter als bis zur nächsten Wahl denken, gibt es genug. Einmal, wenn die Schleier der Tagespolitik sich gehoben haben, wird die Geschichte ihr Urteil über eine Zeit sprechen, in der Menschenrechte als unkluge Sentimentalität verachtet werden konnten. Wo man relativierte und rechnete, statt zu helfen. Es wird ein vernichtendes sein.