Manche haben seine Rückkehr nach Moskau mit der legendären Fahrt Lenins im April 1917 verglichen, als dieser im Sonderzug von der Schweiz über Deutschland nach Petrograd zurückkehrte und später Führer des bolschewistischen Russlands wurde. Im Moment sieht Alexej Nawalnys Entscheidung trotz des Nowitschok-Attentats, das er nur knapp überlebte, heimzukehren, eher nach einer Kamikaze-Aktion aus. Der Ankunft folgte die Festnahme und dann ein Eilprozess. Der Staatsapparat reagierte so, wie er es angekündigt hatte – repressiv.
Nawalny, verheiratet und Vater zweier Kinder, wusste ganz genau, das dies passieren würde. Dass er sich dennoch so entschied, ist schwer nachzuvollziehen – und folgt doch seiner eigenen Logik. „Der Opa in seinem Bunker fürchtet sich“, sagt Nawalny über Putin – auf einem Video, das ihn in dem improvisierten Gerichtssaal zeigt. Man darf gewiss sein, dass die Schmähung millionenfach über die russischen Handys laufen wird. Getoppt wohl nur von dem Mitschnitt, den Nawalny vom Anruf bei seinem mutmaßlichen Mörder veröffentlichte: Nervenstark und ungerührt hatte sich Nawalny als Mitarbeiter eines Putin-Beraters ausgegeben und dem FSB-Mitarbeiter ein Geständnis abgerungen, das Gift in der Unterhose Nawalnys angebracht zu haben. Niemals zuvor ist der sonst so gefürchtete russische Inlands-Geheimdienst so sehr blamiert worden.