Umsichtig absichtlich auf ständig anständig Abstand achtende Umstehende!

Vielleicht hat sich der eine oder andere Politiker insgeheim schon einmal zurückgewünscht in die 1990er Jahre: Damals gab es im Bund eine rot-schwarze Dauerkoalition und in den meisten Ländern Proporzregierungen. Also ein klares Freund-Feind-Schema. Ganz anders als heute. Die koalitionäre Komplizenschaft ist kompliziert geworden, weil der Freund auf der eigenen Regierungsbank woanders als Feind firmiert. Auf nichts ist mehr Verlass: In fast jedem Bundesland sind andere Regierungskonstellationen am Ruder. Und die ändern sich auch noch dauernd. Überhaupt ist die Politiklandschaft viel zersplitterter geworden.

Gefragt ist also Behändigkeit statt Beständigkeit. Das sah man gestern Abend auf ORF III bei den ersten drei Fernsehduellen zur Wien-Wahl. SPÖ-Bürgermeister Ludwig sagte auf die Frage, ob er mit der Coronapolitik im Bund zufrieden sei, sicherheitshalber weder ja noch nein. Seine grüne Vize-Meisterin Hebein zeigte sich tendenziell eher zufrieden. Aber auch wieder nicht zu sehr, denn sie will unbedingt mit Ludwig weiterregieren. Im vertraulichen Du-Wort-Modus wollte sie ihm gar ein Keuschheitsgelübde bezogen auf den türkisen Ehestörer Blümel abringen. Vergeblich.

Eindeutig doppelbödig auch das Duell Blümel gegen Strache, die beide dem Publikum kunstvoll versicherten, in der früheren Bundesregierung wahnsinnig gut regiert zu haben, einander wechselseitig aber trotzdem das Schlechteste aus beiden Welten zu wünschen. Ansonsten viel Selbstbewusstsein. Blümel: Wir sind Mitte-Rechts, aber anständig. Strache: Die Coronapolitik hätte ich besser gemacht. In Bescheidenheit will hier also keiner untergehen.

Weniger Glamour wohnte dem Duell Nepp (FPÖ) gegen Wiederkehr (Neos) inne. Dafür wetzten diese Zwei besonders erbittert die Messer. Zu sagen hatten sie einander wenig, aber sie redeten höchst effektvoll aneinander vorbei. Wofür man Verständnis haben sollte. Denn wenn nicht alle Auguren irren, dann gibt es für die Außenseiter diesmal kaum etwas zu gewinnen.
Knappe zwei Wochen noch, dann wissen wir‘s.

Grüne Ampeln in allen Lebenslagen wünscht
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Ernst Sittinger