Im Heimatort meiner Kindheit, einem hübschen, seit Jahren aufstrebenden Markt mit wohlmeinenden Menschen, gibt es einen „Schloßberg“. Aber kein Schloss. Besagter Hügel hatte alte Obstbäume an seinen Hängen und oben eine kleine plane Fläche, auf der hin und wieder Feste gefeiert wurden und das Osterfeuer brennen durfte.
Nun sollen dort neue Häuser gebaut werden, der Markt ist, wie gesagt, aufstrebend.

Das ist weder ungewöhnlich noch verwerflich. Aber jammerschade, wie ich nach einem Lokalaugenschein finde. Die beschriebene Liegenschaft ist mittlerweile kräftig verwildert. Nebst Streuobstwiese sind Pflanzen und Gebüsch sonder Zahl gesprossen. Die paar Hundert Quadratmeter sind eine veritable Wildnis mit großer Artenvielfalt geworden, in der sich Kleintiere, Insekten, zahlreiche Vögel und vermutlich auch Fledermäuse wohlfühlen. Ungestört von Pestiziden, Kurzrasen und versiegelten Flächen. Nach den Kriterien der Artenvielfalt ist dieser Schloßberg ein ökologischer Schatz.

In weiten Teilen der Erde sollte aus dem rodenden Menschen längst ein pflanzender oder wenigstens zulassender Mensch geworden sein. In den letzten Jahren ist einer Studie nach die Insektenmenge um 75 Prozent geschrumpft, die Zahl der Singvögel dramatisch gesunken. – Da zählt jede noch so kleine Oase.

Die amerikanische Roosevelt-Stiftung hat das früh erkannt. Schon in den Dreißigerjahren des vorigen Jahrhunderts renaturierte sie zu Ehren des legendären Präsidenten eine Insel im Potomac River und ließ sie kontrolliert verwildern. Sie ist heute eine große Attraktion.
Übrigens: Kürzlich las ich, dass in einem Kubikmeter unberührten Bodens mehr Mikroorganismen leben, als es Menschen auf der Welt gibt. – Einfach zum Nachdenken.